Zusammenfassung
Ausgehend von der Bewertung, die Jean Larnac in der Histoire de la littérature féminine en France (1929) über die Romanautorinnen des XVIII. Jahrhunderts vornimmt, werden in diesem Beitrag einige typische Topoi der literarischen Kanonbildung untersucht. Spätestens seit der Debatte um die Princesse de Clèves wird die „Authentizität“ der geschilderten Gefühle zum entscheidenden Beurteilungskriterium für die Qualität der Romane von Frauen. Ein bestimmtes Gattungsmerkmal, das den empfindsamen Roman kennzeichnet, wird also in Relation zum Geschlecht des Autors gesetzt. Das hat für die literaturgeschichtliche und literaturkritische Bewertung weitreichende Konsequenzen. Es bedeutet zum einen, daß Autorinnen, die sich in anderen Gattungen betätigen, kaum Beachtung finden. Außerdem werden die Romane von Frauen vornehmlich unter dem Aspekt ihrer Empfindsamkeit beurteilt. Am Beispiel der zeitgenössischen und aktuellen Rezeption von Madame de Graffignys Lettres d’une Péruvienne wird dieser Prozeß dargestellt, und anknüpfend an neuere Forschungen werden Forschungsperspektiven aufgezeigt.
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Anmerkungen
Jean Larnac, Histoire de la littérature fémmine en France, Paris 51929, p. 155. Zu Larnac siehe auch die Studie von Thomas M. Scheerer, „Ein ‘feministischer' Literaturhistoriker des 20. Jahrhunderts: Jean Larnac“, in: Renate Baader/Dietmar Fricke (Hg.): Die französische Autorin vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Wiesbaden 1979, p. 19–28.
Henri Coulet, Le Roman jusqu à la révolution, Paris 1967, p. 378–385.
Joan Hinde Stewart, Gynographs. French Novels by Women of the Late Eighteenth Century, University of Nebraska Press 1993.
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Steinbrügge, L. (1995). Verborgene Tradition. Anmerkungen zur literarischen Kanonbildung. In: Kroll, R., Zimmermann, M., Kopyczinski, M. (eds) Feministische Literaturwissenschaft in der Romanistik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03603-2_14
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