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Symbiose von Technik und Gemeinschaft Die Reformideologie der SED in den sechziger Jahren

  • Chapter
Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära
  • 61 Accesses

Zusammenfassung

Einer inzwischen häufig zitierten Einschätzung zufolge war der 13. August 1961 der »Gründungstag der DDR«.1 Das klingt aus heutiger Sicht befremdlich. Einem Bonmot des Herbstes 1989 zufolge wurde die Mauer gebaut, weil die Menschen davonliefen, und sie fiel, weil die Menschen davonliefen. Dennoch: Der Bau der Mauer erhöhte den Druck, sich zu arrangieren. Die kulturrevolutionäre Gleichschaltung von Wissenschaft, Recht und Moral korrespondierte dem Ende ökonomischer Eigenständigkeit, das die Kollektivierung nun durchgesetzt hatte. Die Umwandlung der Staatsbürger in Staatsbedienstete war weitgehend abgeschlossen, so daβ der ganz überwiegende Teil der Erwerbstätigen in Abhängigkeit vom Staat lebte. Mit der Alternativlosigkeit mochte so auch die Bereitschaft sich einstellen, diese »Gesellschaft von >Planexekutoren<« zum Funktionieren zu bringen.2 Den entdifferenzierten sozialen Strukturen entsprechend war die Parteiherrschaft gefestigt; die Gesellschaft war endgültig auf politisch vermittelte Regulierung verwiesen.

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Notizen

  1. Dietrich Staritz: Geschichte der DDR 1949–1985. Frankfurt/M. 1985, S. 138.

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  21. Ihre Adressaten waren die wirtschaftsleitenden Kader. W. Ulbricht: Zum neuen ökonomischen System (vgl. Anm. 20), S.410f.; siehe auch E. Apel/G. Mittag: Wissenschaftliche Führungstätigkeit (vgl. Anm. 10) und die Einheit der Jahre 1963/64.

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  38. Vgl. die Beiträge von Heinz Kallabis, Rudi Weidig, Jürgen Schmollack und Dietrich Mühlberg in DZfPh, Sonderheft 1965.

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  39. So lesen sich Hans Leichtfuß/Karl-Heinz Schöneburg: Volkssouveränität und Geschichte unseres Arbeiter- und Bauernstaates, in: Staat und Recht 10/1964, S. 1689ff.; siehe auch A.I. Lepeschkin: Das Programm der KPdSU und einige theoretische Fragen des sozialistischen Sowjetstaates, in: Staat und Recht 4/1962, S. 707 ff., hier S. 711 ff.

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  45. Ebd., S.420. Er wiederholte auch die Auffassung der Partei, der Mensch müsse zunehmend »Verantwortungsbewußtsein für das Ganze« entwickeln und »in die schöpferische Tat fdr das Ganze« umsetzen (S. 424f.). In diese Richtung wiesen auch die »politisch-moralische Einheit des ganzen werktätigen Volkes« und der »Weg vom Ich4 zum

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  46. Ebd., S.423.

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Meuschel, S. (1995). Symbiose von Technik und Gemeinschaft Die Reformideologie der SED in den sechziger Jahren. In: Emmerich, W., Wege, C. (eds) Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03599-8_13

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