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Die Tötung des Weiblichen im männlichen Schöpfungsmythos. Zu den »toten Müttern« bei Egon Schiele

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Verklärt, verkitscht, vergessen

Zusammenfassung

Tabubrechende erotische Akte, ausgezehrte und zerschundene Körper, schonungslos entblößte Selbstporträts — dies dürften die Bilder sein, die sogleich vor dem geistigen Auge erscheinen, denkt man an den früh verstorbenen Expressionisten Egon Schiele (1890-1918). Daß der junge Österreicher sich während seiner kurzen, ein knappes Jahrzehnt währenden künstlerischen Laufbahn auch mit dem Thema Mutter und Kind kontinuierlich auseinandersetzte und vor allem in seiner Frühzeit mit großem Engagement an diesem Bildthema arbeitete, ist hingegen kaum in ein breiteres Bewußtsein vorgedrungen. Selbst Menschen, die sich professionell mit Kunst beschäftigen, kennen diese Facette seiner Arbeit nicht immer. Zwar sind die Mutter-Kind-Darstellungen keineswegs gänzlich ignoriert worden, doch spielen sie im häufig populärwissenschaftlich geführten, aber auch im wissenschaftlichen Diskurs um den Maler und Zeichner bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Unter ihnen wurde allein der Toten Mutter aus dem Jahre 1910 (Abb. 6) eine gewisse Berühmtheit zuteil. Schiele selbst empfand die Bedeutung dieses Gemäldes schon kurz nach dessen Vollendung: Er wisse nun, daß es eines seiner besten sei, schrieb der Künstler im Frühjahr des darauffolgenden Jahres an seinen Entdecker, Betreuer und Freund, den Kunstkritiker Artur Roessler1.

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Notizen

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Renate Möhrmann Barbara Mrytz

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Hansmann, D. (1996). Die Tötung des Weiblichen im männlichen Schöpfungsmythos. Zu den »toten Müttern« bei Egon Schiele. In: Möhrmann, R., Mrytz, B. (eds) Verklärt, verkitscht, vergessen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03596-7_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03596-7_10

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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