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Der Krieg, die Gemeinschaft und der Tod: Jaspers und Heidegger

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Die Gemeinschaft, der Tod, das Abendland
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Zusammenfassung

Wir wollen in diesem Kapitel der Frage nachgehen, ob und in welchem Ausmaße sich die zentralen Themen der Kriegsideologie (Gemeinschaft, Tod, Gefahr, Schicksal), die in radikalisierter Form später vom Nationalsozialismus übernommen wurden, im Werk der großen Persönlichkeiten der deutschen Philosophie des 20. Jahrhunderts, wie etwa Jaspers und Heidegger, wiederfinden lassen. Beginnen wir bei ersterem. In seinem 1932 erschienen Hauptwerk Philosophie verherrlicht Jaspers die »Kriegskameradschaft«, die im Krieg zur »unbedingten Treue« werde.1 Wiederholt insistiert er auf der »Treue des Ursprungs«2 und der »Geschichtlichkeit«: um sein Selbstsein zu verwirklichen, ist der »einzig mögliche Weg [der], wahrhaftig in seiner Geschichtlichkeit zu existieren«.3 Einige Jahrzehnte später weist Jaspers selbst darauf hin, in der »Treue und der Ehrfurcht vor der Überlieferung« erzogen worden zu sein.4

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Anmerkungen

  1. K. Jaspers, Philosophie (1932), Berlin/Heidelberg 1948, S. 222.

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  2. Ebenda, S. 413.

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  3. Ebenda, S. 272.

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  4. K. Jaspers, Lebensbeschreibung (es handelt sich um eine Kurzautobiograpie, die 1946 für die Militärbehörden der Besatzungstruppen verfaßt worden war), in K. Jaspers — K. H. Bauer, Briefwechsel 1945–1968, hg. von R. de Rosa, Berlin/Heidelberg/New York 1983, S. 1.

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  5. K. Jaspers, Die geistige Situation der Zeit (1931), Berlin 1947, S. 22.

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  6. Ebenda, S. 34 f.

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  7. Ebenda, S. 73.

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  8. Ebenda, S. 81 f.

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  9. Ebenda, S. 22.

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  10. Ebenda, S. 70 f.

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  11. Zitiert bei M. Ott, Martin Heidegger. Unterwegs zu seiner Biographie, Frankfurt a. M./New York, 1988, S. 113.

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  12. K. Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen (1919), München/ Zürich 1985, S. 257; Id. Philosophie, zit. S. 615.

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  13. Ebenda, S. 414. Um seine These zu unterstützen, verweist Jaspers sogar auf das Kapitel der Phänomologie des Geistes über die Dialektik zwischen Knecht und Herr (der Herr ist derjenige, dem es gelungen ist, die Todesfurcht zu überwinden). Schon zu Zeiten Hegels haben sich die deutschtümlerischen Studenten auf diese Passage berufen, um die Mensur zu rechtfertigen und zu verherrlichen. Es handelt sich jedoch um eine Interpretation, die energisch schon von der Enzyklopädie zurückgewiesen worden war; gegen die Mensur und gegen die Ideologie, die sie begleitete, bemühte sich nicht nur der Lehrer, sondern die gesamte Hegelsche Schule: vgl. D. Losurdo, Hegel und das deutsche Erbe. Philosophie und nationale Frage zwischen Revolution und Reaktion, Istituto Italiano per gli Studi Filosofici, Köln 1989, VII. Kap. § 2.

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  14. K. Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, zit., S. XII, (Vorwort zur 4. Aufl. Basel 1954).

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  15. K. Jaspers, Max Weber, Politiker—Forscher—Philosoph (1932), in Id. Aneignung und Polemik. Gesammelte Reden und Aufsätze zur Geschichte der Philosophie, hg. von H. Saner, München 1968, S. 478; man sollte jedoch beachten, daß der Originaltitel der Abhandlung anders lautete (siehe unten, Anm. 34).

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  16. Vgl. Ernst Nolte, Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945. Nationalsozialismus und Bolschewismus, Frankfurt a. M. 1987, S. 416.

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  17. K. Jaspers, Max Weber. Deutsches Wesen im politischen Denken, im Forschen und Philosophieren, Oldenburg i. O., 1932, Verlag Gerhard Stalling, »Schriften an die Nation«. Was die Kritik H. Arendts betrifft, vgl. den Brief vom 1. Januar 1933, In H. Arendt — K. Jaspers, Briefwechsel 1926–1969 München/Zürich 1985, S. 52. Zwar erklärt Jaspers, daß es sich bei dem Untertitel um einen Kompromiß mit dem Verlag gehandelt habe, aber nur in dem Sinn, daß er ganz darauf habe verzichten wollen, nicht in dem Sinn, daß er Zweifel an seiner Bedeutung gehegt habe (vgl. den Brief vom 3. Januar 1933, ebenda, S. 53 f.); im übrigen durchzieht das Pathos des »deutschen Wesens« ausdrücklich den ganzen Text: vgl. K. Jaspers, Max Weber. Politiker, Forscher, Philosoph (man beachte die inzwischen vorgenommene Titeländerung) zit., besonders S. 478.

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  18. Vgl. den Brief vom 8. Dezember 1932, in M. Heidegger — K. Jaspers, Briefwechsel 1920–1963, hg. von W. Biemel und H. Saner, Frankfurt a. M./München/Zürich 1990, S. 148.

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  19. H. Marcuse, Der Kampf gegen den Liberalismus in der totalitären Staatsauffassung, in »Zeitschrift für Sozialforschung«, 1934, Nr. 3, S. 188 und S. 191, Anm. 4. Was die von Marcuse zitierte Stelle aus der Rektoratsrede betrifft, vgl. M. Heidegger, Die Selbstbehauptung der deutschen Univsersität (1933), Frankfurt a. M. 1983, S. 14.

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  20. Vgl. den Brief vom 3. April 1933, in M. Heidegger — K. Jaspers, Briefwechsel, zit., S. 151 f. (zu diesem Zeitpunkt erkennt Heidegger bei Krieck, selbst wenn er mit dessen kulturpolitischem Programm nicht übereinstimmt, »manchen echten Impuls« an, zumindest in seinen Intentionen und seiner Gesinnung: vgl. den Brief an Blochmann vom 30. März 1933, in M. Heidegger — E. Blochmann, Briefwechsel 1918–1969, hg. von J. W. Storck, Marbach a. N. 1990, S. 60 f.). Was das Verhältnis Schadewaldts zum Naziregime betrifft, vgl. L. Canfora, Ideologie del classicismo, Turin 1980, S. 135 f.

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  21. K. Jaspers, Thesen zur Frage der Hochschulerneuerung, jetzt in »Jahrbuch der Osterreichischen Karl-Jaspers Gesellschaft«, II (1989), S. 5–27.

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  22. Ebenda, S. 22.

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  23. K. Jaspers, Vernunft und Existenz, (1935), Bremen 1947, S. 79.

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  24. Ebenda, S. 44.

    Google Scholar 

  25. Ebenda, S. 70.

    Google Scholar 

  26. Ebenda, S. 56 und S. 45.

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  27. Ebenda, S. 66 f.

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  28. Ebenda, S. 67; kursiv bei Jaspers.

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  29. M. Weber, Politik als Beruf (1919), in Id., Gesammelte politische Schriften, hg. von J. Winckelmann, Tübingen 1971, S. 550 f.

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  30. Vgl. den in Marianne Weber, Max Weber, zit., S. 615 abgedruckten Brief vom 13. November 1918.

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  31. M. Heidegger, Hölderlins Hymnen »Germanien« und »Der Rhein« (1934–35), in Id. Gesamtausgabe (ab jetzt mit GA und der Angabe des Bandes zitiert), Frankfurt a. M., im Druck, Bd. 39, 1980, S. 72 f.

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  32. M. Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik (1929–30), in GA, Bd. 29–30, S. 245, S. 247 und S. 255.

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  33. M. Heidegger, Nietzsches metaphysische Grundstellung im abendländischen Denken (1937), in GA, Bd. 44, S. 33 f. und Nietzsche: Der Wille zur Macht als Kunst (1936–37), in GA, Bd. 43, S. 259; was Nietzsche betrifft vgl. Also sprach Zarathustra, Zarathustras Vorrede, 5.

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  34. M. Heidegger, Nietzsche: Der europäische Nihilismus (1940), in GA, Bd. 48, S. 13 und S. 15.

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  35. M. Heidegger, Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (1936–38), in GA, Bd. 65, S. 54.

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  36. M. Heidegger, Parmenides (1942–43), in GA, Bd. 54, S. 76 f.

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  37. Die Kategorie »sozialfreischwebende Intelligenz« verdankt ihre Berühmtheit vor allem Mannheim, auch wenn letzterer erklärt, sie von Alfred Weber übernommen zu haben: vgl. K. Mannheim, Ideologie und Utopie (1929), Frankfurt a. M. 1952 (3. Aufl.), S. 135 (es handelt sich um eine Übersetzung der englischen, erweiterten Ausgabe von 1937, die vor allem in ihrem mittleren Teil ausführlicher ist; die hier herangezogene Ausgabe entspricht der Originalausgabe von 1929). Dem Verhältnis Heidegger — Mannheim hat man bisher nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Der Soziologe nimmt nämlich häufig Bezug auf das Werk des Philosophen, dessen Bedeutung er hervorhebt (gemeinsam mit Scheler zählt er ihn zu den erstrangigen Vertretern der »phänomenologischen Schule« und der Opposition gegen den »Intellektualismus der Moderne«, von der die Wissenssoziologie ihren Ausgang nimmt: vgl. Ideologie und Utopie, zit., S. 155, Anm.). Er zitiert Heidegger sogar (vgl. K. Mannheim, Wissenssoziologie. Auswahl aus dem Werk, hg. von K. H. Wolff, Berlin/Neuwied 1964, S. 623, S. 388, Anm. und passim). Der Einfluß Heideggers auf das Hauptwerk Mannheims läßt sich auch am Gebrauch einer bestimmten Terminologie, wie etwa der des Adjektivs »ontisch« ersehen (vgl., Ideologie und Utopie, zit., S. 80). Noch interessanter ist die Tatsache, daß Heideggers Auffassung vom Menschen als in-der-Welt-sein im Verlauf der Debatte um die Wissenssoziologie, häufig als erneuter Beweis für die ontologische Bedingheit des Wissens angeführt wird, wodurch die Fundamentalontologie in die Nähe des Projekts von Ideologie und Utopie rückt (vgl. K. Mannheim, Der Streit um die Wissenssoziologie, hg. von V. Meja und N. Stehr, Frankfurt a. M. 1982, passim). In Wirklichkeit jedoch trennen Welten die beiden Autoren voneinander, und das nicht nur in Bezug auf ihre Einschätzung der Rolle der Intellektuellen, sondern auch in Hinsicht auf das Verhältnis Wissenschaft — Weltanschauung. (Dies wird im folgenden Paragraphen noch deutlicher werden).

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  38. Vgl. K. Löwith, Mein Leben in Deutschland vor und nach 1933, zit., S. 87.

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  39. Zuletzt A. Dal Lago (La politica del filosofo. Heidegger e noi, in A. Dal Lago e P. A. Rovatti, Elogio del pudore. Per un pensiero debole, Mailand 1989, S. 62–103; vgl. insbesondere S. 84 und S. 99), der über die Rektoratsrede wiederholt sagt, es sei »der philosophische Schatten« Platons, »der auf dem Heideggerschen Text liegt«, ja Platon sei sogar der »Autor, den Heidegger wahrscheinlich bei der Abfassung des gesamten Textes vor sich hatte«.

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  40. M. Heidegger, Das Rektorat 1933–34, Tatsachen und Gedanken (1945), im Anhang zu Id., Die Selbstbehauptung der deutschen Universität, zit., S. 27 veröffentlicht.

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  41. M. Heidegger, Zur Bestimmung der Philosophie (1919), in GA, Bd. 56–57, S. 7.

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  42. M. Heidegger, Anmerkungen zu Karl Jaspers »Psychologie der Weltanschauungen« (1919–21), in GA, Bd. 9, S. 41 f.

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  43. Abgesehen von der Rezension zu Jaspers wird Weber ausdrücklich zitiert in M. Heidegger, Metaphysische Anfangsgründe der Logik (1928), in GA., Bd. 26, S. 64 und Nietzsche: Der europäische Nihilismus, zit., S. 18. Zusammen mit der Weberschen These der »Wertfreiheit« weist Heidegger auch die der »Entzauberung« als Voraussetzung für die technisch-industrielle Entwicklung des Abendlandes zurück (vgl. unten, Kap. V, 3).

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  44. Zitiert bei V. Farias, Heidegger und der Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 1989, S. 283.

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  45. M. Heidegger, Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung in die Philosophie (1930), in GA, Bd. 31, S. 273. Vgl. auch Id., Beiträge zur Philosophie, zit., S. 53.

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  46. M. Heidegger, Grundbegriffe (1941), in GA, Bd. 51, S. 14 und S. 84.

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  47. Ebenda, S. 14.

    Google Scholar 

  48. Ebenda, S. 84 und S. 92.

    Google Scholar 

  49. M. Heidegger, Heraklit (1943–44), In GA, Bd. 55, S. 209; vgl. auch Id., Parmenides, zit., S. 76 f.

    Google Scholar 

  50. Ebenda, § 74, S. 508; zu diesem Thema vgl. auch D. Thomä, Die Zeit des Selbst und die Zeit danach. Zur Kritik der Textgeschichte Martin Heideggers 1910–1976, Frankfurt a. M. 1990, S. 542–54.

    Google Scholar 

  51. O. Spengler, Preußentum und Sozialismus, München 1921, S. 31. Sogar bei einer bekannten Nazi-Parteigröße wie Robert Ley können wir nachlesen: »Der Nationalsozialismus kann für sich in Anspruch nehmen, daß er die Einzelpersönlichkeit zur höchsten Kraftentfaltung entwickelt hat, und zwar für und nicht gegen die Gemeinschaft.« Sombart zitiert diese Erklärung zustimmend, wobei er anmerkt, daß es sich hierbei um eine im Dritten Reich häufig vertretene Meinung handele. Vgl. W. Sombart, Deutscher Sozialismus, zit., S. 49 f.

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  52. M. Heidegger, Nachwort zu: »Was ist Metaphysik?« (1943), in GA, Bd. 9, S. 305 und S. 307.

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  53. Brief vom 21. Dezember 1929, in Wege einer Freundschaft. Brief wechsel Peter Wust-Marianne Weber, hg. von W. Th. Cleve, Heidelberg 1951, S. 199.

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  54. M. Heidegger, Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Einführung in die phänomenologische Forschung (1921–22), in GA, Bd. 61, S. 108 f.; auf diese Vorlesung auch in bezug auf das hier untersuchte Thema hat schon W. Franzen, Die Sehnsucht nach Härte und Schwere, in A. Gethmann-Siefert und O. Pöggeler (Hg.), Heidegger und die praktische Philosophie, zit., S. 91, Anm. 15 aufmerksam gemacht.

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Losurdo, D. (1995). Der Krieg, die Gemeinschaft und der Tod: Jaspers und Heidegger. In: Die Gemeinschaft, der Tod, das Abendland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03593-6_2

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