R

Zusammenfassung

Verwendung des Begriffs Randvölker: Der Begriff R. wird heterogen und überwiegend phänomenspezifisch gebraucht, entbehrt aber einer strikten Definition. In der Geometrie meint Rand das ›äußere Ende einer Fläche‹, woraus für den historischgeographischen Gegenstandsbereich zu folgern ist, daß ein Rand das, was gegebenenfalls naturräumlich, topographisch, ethnisch, politisch, sprachlich oder kulturell in etwa eine Einheit bildet, von etwas qualitativ Anderem abgrenzt. In einem polyzentrischen Gefüge erzeugt die Pluralität von Völkern bzw. Staaten ein Vielfaches an R., so daß verschiedene Perspektiven möglich sind. Sie geben dem Begriff etwas Relatives, und nur im Kontext festumrissener geographischer Größen (Kontinent, Balkanhalbinsel, Ägäis etc.) sind Zentrum und Peripherie eindeutig determiniert. Gleiches gilt für die das monozentrische Weltbild der Antike prägende Mittelmeerregion, wo derartige Festlegungen aus der objektiven Randlage resultieren und nicht aus der Sichtweise einer sich vornehmlich auf die Geschichte ›bedeutender‹ Völker konzentrierenden traditionellen Historiographie. Gleichwohl hat diese ein bestimmtes Verständnis von R. geprägt, deren Kriterien neben der geographischen Lage ein wirtschaftliches oder politisches Ungleichgewicht und Zivilisationsunterschiede indizieren, ferner Assoziationen von Kulturgefälle wecken und oftmals mit ethnischen Vorurteilen zusammenfallen. Erst in den komparatistischen und sozialanthropologischen Ansätzen der Geschichtswissenschaft werden Gesellschaft und Kultur der R. stärker in ihrer Eigenständigkeit gewürdigt.