Skip to main content

Die Verführung des Lesers im Erzählwerk Kleists

  • Chapter
Kleist-Jahrbuch 1994
  • 99 Accesses

Zusammenfassung

In der ›Verlobung in St. Domingo‹ findet man eine jener keinesfalls seltenen Stellen in Kleists Erzählwerk, an denen der Erzähler in den Vordergrund tritt und den Leser daran erinnert, daß er sich in einer Welt der Fiktionalität befindet, die durch die Erzählinstanz manipulierbar ist. Er tut dies, indem er auf das Erzählen verzichtet, eine Begebenheit ausspart, die doch für den Text von zentraler Bedeutung ist. Es handelt sich um die Szene zwischen Toni und Gustav, nachdem dieser von dem Tod seiner ersten Verlobten Mariane Congreve berichtet hat:

Bei diesen Worten trat der Fremde, indem er das Mädchen losließ, an das Fenster; und da diese sah, daß er sein Gesicht sehr gerührt in ein Tuch drückte: so übernahm sie, von manchen Seiten geweckt, ein menschliches Gefühl; sie folgte ihm mit einer plötzlichen Bewegung, fiel ihm um den Hals, und mischte ihre Tränen mit den seinigen. Was weiter erfolgte, brauchen wir nicht zu melden, weil es jeder der an diese Stelle kommt, von selbst liest.1

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Notizen

  1. Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke und Briefe. Hg. von Helmut Sembdner, 2 Bde., 8. Aufl. München 1985, hier Bd. 2, S. 174f. — Kleist-Zitate im folgenden nach diesem Band.

    Google Scholar 

  2. Vgl. Jürgen H. Petersen, Erzählsysteme. Eine Poetik epischer Texte, Stuttgart 1993, S. 143.

    Google Scholar 

  3. Vgl. dazu Sigrid Weigel, Der Körper am Kreuzpunkt von Liebesgeschichte und Rassendis kurs in Heinrich von Kleists Erzählung ›Die Verlobung in St. Domingo‹. In: Kleist-Jahrbuch 1991, S. 202–217, hier S. 209 f.

    Google Scholar 

  4. Ross Chambers, Story and Situation. Narrative Seduction and the Power of Fiction, Minnesota and Manchester 1984, S. 10. Folgende Erzählforscher haben sich mit Chambers’ Theorie in Rezensionen auseinandergesetzt: William Beatty Warner in: Criticism, Vol. XXVII, no. 2, 1985, S. 207–211; Dale Kramer in: Studies in Short Fiction 22, 1985, S. 252–254; Charles Bernheimer in: Comparative Literature 38, 1986, S. 372–374. Vgl. auch Cassandra M. Fellin, Hard Ons and Soft Offers — Seduction Revisited. In: Outgrinning the Cheshire Cat. Hg. von Jeremy Jakes und Felicity Longdrop, Oxford 1992, S. 334–351.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Hans Joachim Kreutzer

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1994 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Stephens, A., Lü, Y. (1994). Die Verführung des Lesers im Erzählwerk Kleists. In: Kreutzer, H.J. (eds) Kleist-Jahrbuch 1994. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03556-1_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03556-1_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01251-7

  • Online ISBN: 978-3-476-03556-1

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics