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Zusammenfassung

So sehr Frickes Umdeutung der Schillerschen Autonomieästhetik in eine Haltungs- und Unterwerfungsethik aus heutiger Sicht der ideologischen Konstitution des Nationalsozialismus zuarbeitete, so sehr war sie unter seinen Fachkollegen umstritten. Insbesondere die monumentale Schiller-Monographie von Herbert Cysarz beanspruchte mit besitzergreifendem Gestus und auf dem Hintergrund einer »Jahrtausendkulisse«, das gültige Schillerbild für die deutsche Gegenwart zu entwerfen.1 Gegenüber Cysarz’ expressionistisch aufgeladenem Pathos mußte Frickes Arbeit trocken und pedantisch erscheinen; sein eigener Anspruch auf wissenschaftlich-nüchterne Betrachtungsweise kehrte sich als Vorwurf mangelnder Lebendigkeit und der Verfehlung eines volksnahen Schillerbildes gegen ihn. In der Fülle der wechselseitigen Rezensionen wie auch der distanzierteren Forschungsberichte2 zeichnet sich diese Konfliktlinie bis in die fünfziger Jahre hinein immer wieder ab: die idealtypische Konfrontation von Fricke und Cysarz, dem Pongs zur Seite eilt, läßt Schiller zum Modellfall der verschiedenartigen Ansprüche an eine neue Literaturwissenschaft werden.

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Notizen

  1. Herbert Cysarz: Schüler. Halle 1934. Vgl. auch Oellers 1976, 323–338 sowie: Herbert Cysarz: Vom Dichtertum Friedrich Schillers (1934) In: Cysarz, Herbert: Sieben Wesensbildnisse. Berlin/München/Wien 1943, 96–120. Die folgende Darstellung ist im Hinblick auf Quellenerschließung Ruppelt verpflichtet, bemüht sich aber um stärkere methodologische Akzentuierung.

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Albert, C. (1994). Schiller als Kampfgenosse?. In: Albert, C. (eds) Deutsche Klassiker im Nationalsozialismus. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03520-2_3

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