Zusammenfassung
Hören wir uns eine simple Geschichte an. Sie klingt wie eine Fabel und sie könnte von Max Weber sein: Wir stellen uns eine Gesellschaft vor, irgendwann in einer nicht genau festgelegten Vergangenheit, vielleicht vor dem Aufstieg des Kapitalismus, vielleicht gar vor dem Sündenfall, unbedingt jedoch vor der Aufspaltung unserer geistigen Fähigkeiten, als die drei großen Fragen der Philosophie — Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Zu was fühlen wir uns hingezogen?— noch nicht voll voneinander zu unterscheiden waren. Es geht also um eine Gesellschaft, in der die drei mächtigen Bereiche des Kognitiven, des Ethisch-Politischen und des Libidinös-Ästhetischen noch weithin miteinander verbunden waren. Das Erkennen wurde noch durch gewisse moralische Imperative eingeschränkt— es gab bestimmte Dinge, die man besser nicht wissen sollte —, und es wurde nicht als rein instrumentell aufgefaßt. Die ethisch-politische Frage — Was sollen wir tun?— wurde nicht einfach als das Problem einer Intuition, einer existentiellen Entscheidung oder einer unerklärlichen Vorliebe betrachtet, sondern setzte eine genaue Kenntnis dessen voraus, was wir waren, also der Struktur unseres gesellschaftlichen Lebens. Es gab mithin eine Beschreibung unseres Seins, aus der sich ableiten ließ, was wir sein sollten oder werden konnten. Die Kunst war noch nicht scharf vom Ethisch-Politischen getrennt, sondern stellte eines seiner wichtigsten Medien dar. Sie war auch nicht leicht vom Kognitiven zu unterscheiden, da sie als eine Form gesellschaftlicher Erkenntnis angesehen werden konnte, die sich im Rahmen bestimmter ethischer Normen bewegte. Sie hatte kognitive Funktionen und ethisch-politische Auswirkungen.
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Notizen
Peter Bürger: Theorie der Avantgarde, Frankfurt a.M. 1974.
Franco Moretti: Signs Taken as Wonders, London 1983, Kap. 7.
Walter Benjamin »Über den Begriff der Geschichte« in: Gesammelte Schriften, Bd. 1,2, hg. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a.M. 1974, S. 691–704, hier: S. 697.
Jürgen Habermas »Life Forms, Morality, and the Task of Philosophy« (Ein Interview mit P. Anderson und P. Dews von 1984) in: Peter Dews (hg.): Jürgen Habermas: Autonomy and Solidarity, London 1986, S. 204.
Tony Bennett »Texts in history: the determinations of readings and their texts« in: D. Attridge, G. Bennington und R. Young (hg.): Post-Structuralism and the Question of History, Cambridge 1987, S. 66.
Vgl. Hayden White »The Politics of Historical Interpretation; Discipline and De-Sublimina-tion« in: W.J.T. Mitchell (hg.): The Politics of Interpretation, Chicago 1983.
Gregory Elliott: Althusser: The Detour of Theory, London 1987.
Vgl. ferner Ted Benton: The Rise and Fall of Structural Marxism, London 1984.
Vgl. Jürgen Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a.M. 1985, S. 292.
Peter Dews: Logics of Disintegration, London 1987, S. 177.
Vgl. Charles Taylor »Foucault über Freiheit und Wahrheit« in: Ders.: Negative Freiheit? Zur Kritik des neuzeitlichen Individualismus, Frankfurt a.M. 1988, S. 188–234.
Michel Foucault »Macht und Körper« in: Ders.: Mikrophysik der Macht. Über Strafjustiz, Psychiatrie und Medizin, Berlin 1976, S. 91–99, hier: S. 97.
Michel Foucault: Wahnsinn und Gesellschaft. Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, Frankfurt a.M. 1969, S. 95.
Michel Foucault: Der Gebrauch der Lüste. Sexualität und Wahrheit, Bd. 2, Frankfurt a.M. 1986, S. 38.
Jean-Francois Lyotard und Jean-Loup Thébaud: Just Gaming, Minneapolis 1985, S. 14f.
Michel Foucault »On the genealogy of ethics« in: Paul Rabinow (hg.): The Foucault Reader, New York 1984, S.349f.
Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen, Frankfurt a.M. 1967, S. 48.
Vgl. zur Erörterung dieses Problems Denys Turner: Marxism and Christianity, Oxford 1983, S.86.
Vgl. Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt a.M. 1973.
Jürgen Habermas »Interview von Angelo Bolaffi mit Jürgen Habermas für die italienische Wochenzeitung Rinascita (1978)« in: Ders.: Kleine politische Schriften I–IV, Frankfurt a.M. 1981, S. 491–510, hier: S. 509.
Jürgen Habermas »Ein Interview mit der ›New Left Review‹ (1985)« in: Ders.: Die neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V, Frankfurt a.M. 1985, S. 213–257, hier: S. 220.
Vgl. Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung, Frankfurt a.M. 1981.
Vgl. Joel Whitebrook in: Jürgen Habermas »Replik auf Einwände (1980)« in: Ders.: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt a.M. 1984, S. 475–570, hier: S.505f.
Jürgen Habermas »Erkenntnis und Interesse« (Frankfurter Antrittsvorlesung) in: Ders.: Technik und Wissenschaft als ›Ideologie‹, Frankfurt a.M. 1969, S. 167,
zit. nach Thomas McCarthy: The Critical Theory of Jürgen Habermas, London 1978, S. 273. (dt.: Kritik der Verständigungsverhältnisse. Zur Theorie von J. Habermas, Frankfurt a.M. 1989, S. 310.)
Vgl. Fredric Jameson: The Political Unconscious, London 1982, S. 291. (dt.: Das politische Unbewußte. Literatur als Symbol sozialen Handelns, Reinbek 1988, S. 286f.)
Raymond Williams: Modern Tragedy, London 1966, S. 176.
Jürgen Habermas »Interview mit Gad Freudenthal (1977)« in: Kleine politische Schriften I–IV, a.a.O., S. 467–490, hier S. 486.
Vgl. Habermas »Ein Interview mit der ›New Left Review‹ (1985)«, a.a.O., S. 241.
Jürgen Habermas »Dialektik der Rationalisierung (1981)« in: Die neue Unübersichtlichkeit, a.a.O., S. 204.
Vgl. Seyla Benhabib: Critique, Norm, and Utopia, New York 1986, Kap. 8
Norman Geras: Marx and Human Nature. Refutation of a Legend, London 1983.
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Eagleton, T. (1994). Von der Polis zur Postmoderne. In: Ästhetik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03510-3_15
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