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Im Namen des Vaters: Sigmund Freud

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Ästhetik
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Zusammenfassung

Wenn das Ästhetische einige der wichtigsten politischen und ökonomischen Kategorien von Marx bestimmt, durchdringt es ebenso auch die psychoanalytischen Lehren von Sigmund Freud. Lust, Spiel, Traum, Mythos, Szene, Symbol, Phantasie und Repräsentation — sie alle gelten nicht länger als bloßer Ersatz, als ästhetisches Beiwerk der eigentlichen Dinge des Lebens, sondern als Grundlagen der menschlichen Existenz. Charles Levin hat sie als »primitive Essenz des Gesellschaftsprozesses« bezeichnet.1 Das menschliche Leben ist für Freud insofern ästhetisch, als es in ihm immer wieder um intensive Körperempfindungen und übersteigerte Vorstellungen geht, die eine besondere symbolische Bedeutung besitzen und die von bestimmten Gestalten und Phantasien nicht zu trennen sind. Das Unbewußte arbeitet nach einer »ästhetischen« Logik, indem es seine Bilder mit dem listigen Opportunismus eines künstlerischen bricoleurs verdichtet und verschiebt. Die Kunst ist daher für Freud kein privilegierter Bereich, sondern setzt direkt die libidinösen Prozesse fort, die das Alltagsleben ausmachen. Wenn sie in bestimmter Hinsicht eigenartig ist, so nur deshalb, weil auch das Alltagsleben selbst überaus merkwürdig ist. Wenn das Ästhetische durch den Idealismus als eine Form der Sinnlichkeit dargestellt wurde, die frei ist von Begehren, dann demaskiert Freud die fromme Naivität dieser Auffassung ihrerseits als libidinöse Sehnsucht. Das Ästhetische ist es, was uns leben läßt; doch für Freud (im Gegensatz zu Schiller) ist dies mindestens ebensosehr eine Katastrophe wie ein Triumph.

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Notizen

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Eagleton, T. (1994). Im Namen des Vaters: Sigmund Freud. In: Ästhetik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03510-3_11

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03510-3_11

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