Zusammenfassung
In seinem ersten Märchen aus der neuen Zeit, das zwischen November 1813 und März 1814 geschrieben und im Herbst 1814 als dritter Band der Fantasiestücke in Callots Manier bei Kunz in Bamberg gedruckt wurde, im Märchen über den Goldnen Topf schickt E.T.A. Hoffmann seinen ungeschickten Helden Anseimus aus, die niederdrückenden Gesetze der Schwerkraft zu überwinden.1 Den Weg in die luftigen Höhen der Phantasie richtet Hoffmann als poetische Schreibschulung ein. Wie in Tiecks später Novelle Des Lebens Überfluß dient die literarische Imagination als Medium, dem Alltag zu entkommen, als Treppe, die mit jedem Schritt aus der Wirklichkeit sich selbst einzieht. Stärker noch als Tieck bindet Hoffmann die poetische Reise nach »Atlantis« an den konkreten Akt des Schreibens und an die »Materialien«2, die dazu notwendig sind. Zwar kehrt Anseimus von seinem atlantischen Rittergut und aus den Armen der holden Serpentina nicht wieder zurück, es wird sich aber zeigen, daß die ironische Intervention des Erzählers, seine augenzwinkernde Entdeckung der poetischen Qualitäten des Arrak-Punsches, die »Treppe« zur Wirklichkeit, auch zur Wirklichkeit des Lesers, wiederherstellt.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Notizen
Vgl.: Lothar Pikulik, Anseimus in der Flasche. Kontrast und Illusion in E.T.A. Hoffmanns »Der goldne Topf«, in: Euphorion 63 (1969), S. 341 ff;
Jochen Schmidt, »Der goldne Topf« als dichterische Entwicklungsgeschichte, in: E.T.A. Hoffmann, Der goldne Topf, Frankfurt/Main 1981, S. 145 ff;
Paul-Wolf gang Wührl, E.T.A. Hoffmann: »Der goldne Topf«. Die Utopie einer ästhetischen Existenz, Paderborn, München, Wien 1988.
E.T.A. Hoffmann, Der Goldne Topf, in: Fantasiestücke, Gesammelte Werke, Band 1, Berlin und Weimar 21982, S. 265.
Vgl.: Günter Oesterle, E.T.A. Hoffmanns »Der Goldne Topf«, in: Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1988, S. 217 f;
vgl. auch: ders., Arabeske, Schrift und Poesie in E.T.A. Hoffmanns Kunstmärchen »Der goldne Topf«, in: Athenäum. Jahrbuch für Romantik 1 (1991), S. 82 ff.
Gotthilf Heinrich Schubert, Die Symbolik des Traumes, Bamberg 1814, S. 3.
E.T.A. Hoffmann, Meister Floh, in: Gesammelte Werke, Band 7, Hrsg. H.-J. Kruse, Berlin und Weimar 1982, S. 415 f.
E.T.A. Hoffmann, Briefwechsel, Hrsg. F. Schnapp, Band 1, München 1967, S. 384.
(Gotthilf Heinrich Schubert, Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft, Dresden 1808, S. 339).
Montfaucon de Villars, Le Comte de Gabalis ou entretien sur les sciences secrètes, Paris 1963 (1. Ausgabe: Paris 1670).
Worauf es ankommt, rät z.B. Flaubert mit der ihm eigenen Direktheit seinem Freund Feydeau: »Spare Dir Deinen Priapismus für den Stil auf, fick Dein Tintenfaß« (undatierter Brief von Anfang Februar 1859, zitiert bei: Mario Vargas Llosa, Die ewige Orgie, Reinbek 1980, S. 77 f).
Franz Kafka, Tagebücher in der Fassung der Handschrift, Hrsg. H.-G. Koch, M. Müller und M. Pasley, Frankfurt/Main 1990, S. 891.
Franz Kafka, Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande, Gesammelte Werke, Band 6, Hrsg. M. Brod, Frankfurt/Main 1976, S. 251.
Auripigment gehört zu den fünf »Geistern« der Alchemie: Quecksilber, Schwefel, Auripigment, Arsenik, Salmiak. Vgl.: Wilhelm Ganzenmüller, Die Alchemie im Mittelalter, Paderborn 1938, S. 55 (Repr.: Hüdesheim 1967).
Johann Arnold Kanne, Erste Urkunden der Geschichte oder allgemeine Mythologie, Baireuth 1808, S. 55.
Dieser Frage geht Dieter Schrey nach: Mythos und Geschichte bei Johann Arnold Kanne und in der romantischen Mythologie, Tübingen 1969.
(Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik I, Werke, Band 13, Hrsg. E. Moldenhauer u. K.M. Michel, Frankfurt/M. 1970, S. 96).
Paul Valéry, Cahiers/Hefte, Band 1, Hrsg. H. Köhler u. J. Schmidt-Radefeldt, Frankfurt/M. 1987, S. 153.
Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke, Band 2, Hrsg. H. Sembdner, München 1952, S. 346.
Hartmut Böhme, Natur und Subjekt, Frankfurt/Main 1988, S. 67–144, S. 179–211.
vgl.: Wolfgang Preisendanz, Humor als dichterische Einbildungskraft, München 1963, S. 79.
vgl.: Monika Schmitz-Emans, Naturspekulation als »Vorwand« poetischer Gestaltung, in: Mitteilungen der Hoffmann Gesellschaft 34 (1988), S. 67 ff; besonders ihr Fazit S. 83.
Hans Biedermann, Handlexikon der magischen Künste, Graz 1968, S. 24.
Vgl.: Michel Butor, Die Alchemie und ihre Sprache, Frankfurt/Main 1990, S. 14 f
Hans Biedermann, Materia Prima. Eine Bildersammlung zur Geschichte der Alchemie, Graz 1973.
Historisches Wörterbuch der Philosophie, Hrsg. J. Ritter, Band 1, Basel 1971, S. 149.
Carl Gustav Jung, Psychologie und Alchimie, Zürich 1970 (3. Aufl.).
Vgl.: Harold Bloom, Kabbala. Poesie und Kritik, Frankfurt/Main 1989, S. 72.
Vgl. auch: Wulf Segebrecht, Krankheit und Gesellschaft Zu E.T.A. Hoffmanns Rezeption der Bamberger Medizin, in: DVjs, Sonderband 1978, S. 267 ff.
Möglich wäre auch eine Kenntnis von Johann Friedrich Kleuker, Über die Natur und den Ursprung der Emanationslehre bei den Kabbalisten, Riga 1786.
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Philosophie der Kunst, in: ders., Ausgewählte Schriften, Hrsg. M. Frank, Band 2, Frankfurt/Main 1985, S. 311.
Gershom Scholem, Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen, Frankfurt/Main 1980, S. 259.
Gershom Scholem, Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Zürich 1960, S. 129;
vgl. auch: Adolphe Franck, La Kabbale ou la philosophie religieuse des Hébreux, Paris 1843;
zum Gesamtzusammenhang von Schrift und Mystik vgl. auch: Franz Dornseiff, Das Alphabet in Mystik und Magie, Berlin 21925;
Alfred Bertholet, Die Macht der Schrift in Glauben und Aberglauben, in: Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin, Jahrgang 1948/49, Philosophisch-Historische Klasse, Berlin 1949.
vgl. aber auch: L.C. Nygaard, Anselmus as Amanuensis: The Motif of Copying in Hoffmanns »Der goldne Topf«,in: Seminar 19 (1983), S. 79ff.
Louis Claude de Saint Martin, Vom Geist und Wesen der Dinge, Theil II, Leipzig 1812, S. 75.
Saint Martin, Vom Geist und Wesen der Dinge, Theil I, Leipzig 1812, S. 104 f;
Jakob Böhme, Mysterium Magnum, in: Sämtliche Schriften, Hrsg. W.-E. Peuckert, Band VII, Stuttgart 1958, S. 331.
Jakob Böhme, De signatorum rerum, in: Sämtliche Schriften, Hrsg. W.-E. Peuckert, Band VI, Stuttgart 1957, S. 7.
Eckart Kleßmann hat diesen Versuch in seiner Hoffmann-Biographie unternommen: E.T.A. Hoffmann oder die Tiefe zwischen Stern und Erde, Stuttgart 1988, S. 486.
Rights and permissions
Copyright information
© 1993 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Kremer, D. (1993). Die Reflexe des Goldnen Topfes. In: Romantische Metamorphosen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03473-1_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03473-1_3
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00906-7
Online ISBN: 978-3-476-03473-1
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)