Zusammenfassung
»Was hilft’s mir denn, wenn ich noch so schöne Noten schreibe, und keinen Sänger finde, der sie zu singen versteht?« Das sagte Richard Wagner 1875 bei den Vorbereitungen der ersten Festspiele zu dem Gesangspädagogen Julius Hey. Dieser Stoßseufzer Wagners über die nicht gefundenen Sänger für seine Festspiele zeigt, daß er bei einem viel bescheideneren Unternehmen, als es die Gründung der Festspiele waren, gescheitert war, nämlich bei der Einrichtung einer musikdramatischen Schule, die der Vorbereitung der Sänger auf die Gestaltung seiner Werke gewidmet sein sollte. Schon 1865 hatte Wagner dem königlichen Gönner Ludwig II. einen Vorschlag für eine in München zu errichtende Deutsche Musikschule unterbreitet — die Ungunst der Verhältnisse ließ eine Verwirklichung nicht zu. Im Zentrum des Lehrplans dieser Schule sollte die Gesangsausbildung stehen. Schon damals stellte Wagner die Schwierigkeiten einer deutschen Gesangskunst dar, begründet in den Eigenheiten der deutschen Sprache. Den Grundfehler der Sänger seiner Zeit, wenn sie deutsche Oper sangen, sah Wagner in der gedankenlosen Übernahme der vorherrschenden italienischen Belcanto-Schule auf den deutschen Operngesang. Im Unterschied zum italienischen Vokalismus müsse der energisch sprechende Akzent in den Vordergrund treten, der für den dramatischen Vortrag besonders geeignet sei. Es muß aber unterstrichen werden, daß Wagner in diesem Memorandum für Ludwig II. ausdrücklich sagt, daß der Gesangswohlklang der italienischen Schule dabei nicht aufgeopfert werden dürfe — eine Warnung, die in der Bayreuther Schule nach Wagners Tod sträflich vernachlässigt wurde.
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Intermezzo, Z. (1993). Sprachgesang oder Belcanto? Wagners Sänger, die Bayreuther Schule und die Entwicklung des Wagner-Gesangs. In: Grosse Stimmen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03461-8_4
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