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Ende der Geschichte? Francis Fukuyamas Diagnose der Gegenwart

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Politisches Denken Jahrbuch 1992
  • 47 Accesses

Zusammenfassung

Nach der postmodernen ist nun die posthistorische Zeit erfunden. Seit dem Beginn der osteuropäischen Umbruchbewegung erfahren wir geradezu täglich von handelnden Politikern und den rapportierenden Medien, daß wieder ein historisches Ereignis stattgefunden habe. Über diese Selbsthistorisierung der eigenen Geschichte hinaus führt jene Selbstmusealisierung, die uns bereits im nachgeschichtlichen Raum leben sieht. Der letzte Mensch habe die Geschichte in einem metaphysischen Sinne bezwungen, das Reich der Freiheit sei erreicht. Die liberale Idee habe dies bewirkt, indem sie ideologisch konkurrenzlos den höchsten denkbaren Zustand menschlicher Denkfähigkeit reflektiere. So jedenfalls sieht die Welt aus, die Francis Fukuyama zeichnet; eine Welt, in der es weiterhin historische Ereignisse geben wird, Geschichte mit ihren verschlungenen Pfaden, ihren hoffnungsvollen Aufbrüchen und ihren blutigen Konflikten, eine Welt, die aber in einem tieferen metaphysischen Sinne »nach der Geschichte« lebt. »In der posthistorischen Welt verkehren die Staaten als Wirtschaftspartner miteinander, die alten Regeln der Machtpolitik verlieren an Bedeutung. Man kann sich ein multipolares demokratisches Europa vorstellen, dominiert von einer deutschen Wirtschaftsmacht, in dem die Nachbarn Deutschlands sich dennoch militärisch nicht bedroht fühlen und keine besonderen militärischen Schutzmaßnahmen ergreifen. Es gäbe beträchtliche wirtschaftliche, aber kaum militärische Konkurrenz. Die posthistorische Welt wird immer noch aus Nationalstaaten bestehen, doch der Nationalismus der einzelnen Staaten hat sich mit dem Liberalismus ausgesöhnt und wird fast nur noch im privaten Leben zum Ausdruck kommen. Unterdessen wird die wirtschaftliche Nationalität durch die Vereinheitlichung von Märkten und Produktionsweisen viele traditionelle Merkmale der Souveränität aushöhlen.« (S. 371)

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  • Francis Fukuyama, Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir? (Kindler Verlag, München 1992).

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© 1993 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Kühnhardt, L. (1993). Ende der Geschichte? Francis Fukuyamas Diagnose der Gegenwart. In: Gerhardt, V., Ottmann, H., Thompson, M.P. (eds) Politisches Denken Jahrbuch 1992. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03445-8_12

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03445-8_12

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00873-2

  • Online ISBN: 978-3-476-03445-8

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