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Der Zusammenbruch des Opferdiskurses. Textvergleiche

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Part of the book series: Ergebnisse der Frauenforschung ((ERFRAU))

Zusammenfassung

Die Geschichte der Prinzessin von Kagran beginnt mit der Erwähnung einer Drachentötung. Die Tötung des Klagenfurter Lindwurms wird hier dem heiligen Georg zugeschrieben. Schon diese elementare erste Erzählsequenz ist ein Amalgam verschiedener Überlieferungen. Denn zu den Wundertaten, die vom hl. Georg, dem Schutzpatron des heiligen Krieges, berichtet werden, gehört zwar, daß er einen Drachen getötet, eine Prinzessin gerettet und dadurch eine ganze Stadt zur christlichen Kirche bekehrt habe.54 Aber zumindest der Legenda aurea zufolge, mit deren Fassung der Georgslegende Bachmann nachweislich arbeitete,55 hat er weder Klagenfurt noch eine andere Stadt gegründet. Klagenfurt, die Heimatstadt Ingeborg Bachmanns — übrigens auch Robert Musils —, verdankt seine Gründung laut lokaler Überlieferung, die auf dem berühmten Klagenfurter Lindwurmbrunnen dargestellt ist, vielmehr den Knechten des Herzogs Karast. Sie überlisteten den Lindwurm und erschlugen ihn mit Keulen.56 Einer der großen Städtegründer der europäischen Tradition war hingegen der griechische Held Perseus, dessen Mythos in die Georgslegende zur Zeit der Kreuzzüge einging, als sie aus der Legende des Märtyrers in die des christlichen Kriegers umgeformt wurde (Jolles 51974, S. 49f). Perseus soll nicht nur, wie es später auch von Georg erzählt wurde, eine Prinzessin — Andromeda — aus der Gefangenschaft eines Ungeheuers befreit haben, sondern er ist vor allem auch bekannt als Überwinder der Medusa. Auf die Tat des Perseus verweist einiges in der Eingangspassage der Kagran-Erzählung, wie ich zeigen werde.

Es war einmal eine Prinzessin von Chagre oder von Chageran, aus einem Geschlecht, das sich in späteren Zeiten Kagran nannte. Denn der heilige Georg, der den Lindwurm in den Sümpfen erschlagen hat, damit nach dem Tod des Ungeheuers Klagenfurt erstehen konnte, war auch hier in dem alten Marchfelddorf, jenseits des Donaustroms, tätig, und es erinnert eine Gedenkkirche an ihn, nahe vom Überschwemmungsgebiet.

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© 1992 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Kohn-Waechter, G. (1992). Der Zusammenbruch des Opferdiskurses. Textvergleiche. In: Das Verschwinden in der Wand. Ergebnisse der Frauenforschung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03411-3_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03411-3_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-00836-7

  • Online ISBN: 978-3-476-03411-3

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

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