Zusammenfassung
Wenn von Wittgensteins »Tractatus logico-philosophicus« die Rede ist, dann denken die einen an Wahrheitstafeln der Logik und die anderen an schöne Sätze der Literatur. Philosophisch bedeutet dieses, daß Wittgenstein von den einen mit Carnap und dem Wiener Kreis und von den anderen mit Heidegger in Verbindung gebracht wird. Die einen machen ihn zum Positivisten, die anderen zum Existentialisten. Größere Gegensätze aber, so sollte man meinen, kann es nicht geben. Hier wird auch der Grund dafür zu suchen sein, daß sich die Interpreten Wittgensteins häufig alternativ entweder der einen oder der anderen Seite zuwenden; und dabei werden die Aspekte der jeweiligen Gegenseite nicht etwa geleugnet, sondern einfach ausgeklammert, indem die Bedeutung (die Relevanz) des Ganzen wissenschaftstheoretisch oder existentialistisch gedeutet wird. Somit stehen die beiden Interpretationstraditionen gleichzeitig für einander widerstreitende Auffassungen von Philosophie, für die wissenschaftstheoretische und die existentialistische.
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Literatur
L. Wittgenstein, Briefwechsel, ed. B. F. McGuinness/G. H. von Wright, Frankfurt a. M. 1980, S. 96f.; »schwefeln« ist eine ältere, im Österreichischen erhalten gebliebene Form von »schwafeln«.
F. Waismann, Wittgenstein und der Wiener Kreis, ed. B. F. McGuinness, Oxford 1967 (= Wittgenstein, Schriften, Bd. 3, Frankfurt a. M. 1967), S. 68f.
Vgl. dazu Wittgenstein, Lecture on Ethics, Philosophical Review 74 (1965), S. 3–12, insb. den Schluß.
Ein detailliertes und überzeugendes Bild des geistesgeschichtlichen Gesamthintergrundes entwerfen A. Janik und St. Toulmin in ihrem Buch: Wittgenstein’s Vienna, New York 1973.
Zu empfehlen ist die von R. Merkel überarbeitete deutsche Fassung: Wittgensteins Wien, München/Wien 1984. Vgl. dort S. 240–272 die Interpretation des »Tractatus« mit der Betonung des Zusammenhangs von Aphoristik und ethischem Sinn in der Tradition von K. Kraus (S. 268–270).
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Gabriel, G. (1991). Logik als Literatur? Zur Bedeutung des Literarischen bei Wittgenstein. In: Zwischen Logik und Literatur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03391-8_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03391-8_2
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