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Elemente der Moderne im deutschen Roman seit 1900

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Zusammenfassung

Niemand wird ernsthaft die Frage stellen, ob sich der Roman seit den Äußerungen der ›Modernisten‹, wenigstens aber seitdem Naturwissenschaft und Technik die Welt und das Dasein der Menschheit beherrschen, so gewandelt habe, daß sich jedes umfangreiche Erzählwerk in Prosa einem der drei vorgestellten Fundamentaltypen zuordnen lasse. Denn schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, daß auch heute, daß zumal in den letzten hundert Jahren die überwältigende Fülle der Romanliteratur ganz und gar unmodern ist, daß sich die wenigsten Autoren darum kümmern, welche grundlegenden ästhetischen und poetologischen Verwandlungen die Herrschaft von Naturwissenschaft und Technik ausgelöst hat. Auch heute noch handelt es sich bei den allermeisten Romanen um geschlossene Gebilde, in denen leicht umreißbare Kernhandlungen vorgeführt werden, in denen es zielstrebig auf ein Ende zugeht, bei denen Erzählgipfel die eigentlichen Spannungsmomente bilden und dem Leser deutlich — meist überdeutlich — vor Augen geführt wird, wie er den zur Hand genommenen Text zu verstehen hat. Das liegt daran, daß das breite, auf Unterhaltung angelegte Leserbedürfnis nur mit leichten, d. h. zugleich geordneten, zielorientierten Romanen befriedigt werden kann, mit einer Literatur also, die alle Elemente der Moderne ausschließt. Jede Kriminal- und Detektivstory lebt von ihrer inneren Schlüssigkeit, ihrer Handlungslogik und der klaren Lösung am Schluß, der Trivialroman, erst recht dessen Kurzform in Gestalt des Groschenheftes, befriedigt mit einem happy end nach Verwirrung und Lebensprüfung des Lesers Hoffnung auf ein schöneres und gelungeneres Leben.

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Notizen

  1. Vgl. zu diesem Thema die interessante Abhandlung von Martin Damus: Sozialistischer Realismus und Kunst im Nationalsozialismus. Ffm. 1981.

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  32. Vgl. auch Jens Tismar: Gestörte Idyllen. München 1973, S. 106–143, insbes. S. 110: »Der Leser wäre auf einer falschen Spur, wenn er den Wahnsinn, vor allem die Schizophrenie Bernhardscher Figuren, nur als Simulation eines medizinischen Befundes verstünde.«

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  33. Ebd. S. 97. Vgl. zu den vorstehenden Ausführungen meinen Aufsatz »Beschreibung einer sinnentleerten Welt. Erzählthematik und Erzählverfahren in Thomas Bernhards Romanen«. In: Bernhard. Annäherungen. Hg. v. Manfred Jurgensen. Bern u. München 1981, S. 143–176. Einige Passagen wurden hier übernommen.

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Petersen, J.H. (1991). Elemente der Moderne im deutschen Roman seit 1900. In: Der deutsche Roman der Moderne. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03380-2_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03380-2_7

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