Zusammenfassung
Der tragische Diskurs muß in Hinblick auf die Wahrheit, die der Mythos beansprucht, und in Hinblick auf die Wahrheit des Subjekts ausgelegt werden. Sein spannungsreiches Verhältnis zur Aussageweise des Logos und des Mythos bedarf der Reflexion auf die zentrale Kategorie der Mimesis. Eine solche Betrachtung kann nicht anknüpfen bei der ersten theoretischen Darstellung des Phänomens, der Poetik des Aristoteles. Zwar thematisiert sie das Verhältnis der Tragödie zu dem, was μϋϑоς genannt wird, doch die formal angelegte Argumentation geht nirgends auf die Beziehung von Gehalt und Form ein, sondern bezieht sich fast ausschließlich auf das Kriterium der »Wahrscheinlichkeit«, der Glaubwürdigkeit der poetischen Darstellung. Dieser Gesichtspunkt führt Artistoteles zum Ratschlag, an die bekannten Stoffe anzuschließen. Die thematische Bindung ist freilich bei ihm nichts weniger als ein Gesetz, vielmehr extrapoliert aus dem Bestand an Tragödien, deren Beziehung zum Mythos ihm schon fremd geworden ist. Auch der schlichte Grund, daß die Darstellung von Mythen auf Vorkenntnis beim Zuschauer rechnen kann, gilt nicht uneingeschränkt. Man hat darauf hingewiesen, daß Aristoteles selbst in der »Poetik« schreibt:
»… muß man nicht unbedingt bestrebt sein, sich an die überlieferten Stoffe, auf denen die Tagödien beruhen, zu halten. Ein solches Bestreben wäre ja auch lächerlich, da das Bekannte nur wenigen bekannt ist und gleichwohl allen Vergnügen bereitet.«
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Lehmann, HT. (1991). Mythos, Mimesis, Logos. In: Theater und Mythos. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03358-1_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03358-1_7
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-00754-4
Online ISBN: 978-3-476-03358-1
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