Zusammenfassung
Schopenhauers Polemik gegen alle Philosophen, die Erkenntnis »aus bloßen, abstrakten Begriffen« »herausspinnen« wollen, setzt sein Bewunderer Nietzsche fort: »Sie wollen nicht lernen, daß der Mensch geworden ist, daß auch das Erkenntnisvermögen geworden ist; während einige von ihnen sogar die ganze Welt aus diesem Erkenntnisvermögen sich herausspinnen lassen.«[1] Der Mensch und sein Erkenntnisvermögen sind nach Nietzsche nur ein Randereignis in Raum und Zeit, nicht etwa das »Zentrum dieser Welt«. Zur Illustration dieser Behauptung erfindet Nietzsche in seiner Abhandlung Über Wahrheit und Lüge im auβermoralischen Sinn (1873) eine »Fabel«: »In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der Weltgeschichte: aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Atemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Tiere mußten sterben.«[2]
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Anmerkungen
Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Erster Band: Von den ersten und letzten Dingen (2. Absatz) (Schlechta-Ausgabe Bd.I, S. 448).
Friedrich Nietzsche, Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn. (Schlechta-Ausgabe Bd. II, S. 309–322; dort auch die folgenden Zitate ohne genauere Angabe).
Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (Schlechta-Ausgabe Bd. I, S. 267).
Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft. V. Buch, Aphorismus 366.
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra. II. Teil. Von den Gelehrten.
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra. II. Teil. Von den Taranteln.
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra. III. Teil. Vor Sonnenaufgang.
Wilhelm Dilthey, Der Fortgang über Kant. Aus: Zur Weltanschauungslehre (um 1880). In: ders., Das Wesen der Philosophie. Hrsg. Manfred Riedel. Stuttgart 1984, S. 206.
Theodor W. Adorno, Erziehung nach Auschwitz. In: Stichworte. Kritische Modelle 2. Frankfurt/M. 1969, S. 87.
Theodor W. Adorno, Charakteristik Walter Benjamins. In: ders., Prismen. Frankfurt/M. 1976, S. 284.
Theodor W. Adorno, Wozu noch Philosophie? In: Eingriffe. Frankfurt/M. 1963, S. 16.
Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Frankfurt/M. 1969 (zuerst 1947), S. 30.
Theodor W. Adorno, Der Essay als Form. In: ders., Philosophie und Gesellschaft. Stuttgart 1984, S. 6.
Theodor W. Adorno, Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben. Frankfurt/M. 1985, S. 205 (II. Teil, Aphorismus 99).
Theodor W. Adorno, Charakteristik Walter Benjamins, S. 284.
Theodor W. Adorno, Minima Moralia, S. 108 (II. Teil, Aphorismus 51).
Theodor W. Adorno, Negative Dialektik. Frankfurt/M. 1966, S. 88.
Theodor W. Adorno, Minima Moralia, Erster Teil, Nr. 6.
Theodor W. Adorno, Wozu noch Philosophie?, S. 14.
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Martens, E. (1991). Ein Bau wie aus Spinnefäden. In: Der Faden der Ariadne. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03336-9_9
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