Zusammenfassung
Die grausame Inkarnation ruchloser Schönheit, die mythische Vision weiblicher Allmacht — im Fin de siècle trägt sie den Namen »Salome«. Ein Hauch von Exotik und Verworfenheit umgibt diese synästhetische Frauengestalt, der innerhalb der ästhetizistischen Richtungen der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts ein zentraler Stellenwert zukommt. Salome und die ihr verwandten Weiblichkeitsimaginationen außeralltäglicher und erotisch attraktiver, aber gefühlloser und verderblicher Frauengestalten repräsentieren eine ins Dämonische transformierte Idealität, da deren ehemals positiv besetzter Platz frei geworden war. Als Stellvertreterinnen des Absoluten sind sie jedoch von höchst zweifelhaftem Wert. Die Ambivalenzen der Erscheinungsbilder ästhetisierter Weiblichkeit in der Literatur lassen erkennen, in welcher Weise der gesetzte Anspruch verfehlt und die der Décadence zugrunde liegende pessimistische Weltsicht — nach dem Verfahren einer self-fulfilling prophecy — bestätigt wird. In der Verbindung von Faszination und Bedrohung, die auf entsprechende Frauengestalten projiziert wird, erscheint die absolut gesetzte Schönheit bereits als gefährlich und die als verderblich dargestellte Sinnlichkeit verweist auf Gefährdung — nicht nur der jeweiligen männlichen Gegenspieler der Femme fatale, sondern auch der durch sie verkörperten Idealität selbst.
»Dans l’ceuvre de Gustave Moreau, conçue en dehors de toutes les données du Testament, des Esseintes voyait enfin réalisée cette Salomé, surhumaine et étrange qu’il avait rèvée. […] elle devenait, en quelque sorte, la déité symbolique de l’indestructible Luxure, la déesse de l’immortelle Hystérie, la Beauté maudite, élue entre toutes par la catalepsie qui lui raidit les chairs et lui durcit les muscles; la Bête monstrueuse, indifférente, irresponsable, insensible, empoisonnant, de même que l’Hélène antique, tout ce qui l’approche, tout ce qui la voit, tout ce qu’elle touche.«1
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Hilmes, C. (1990). Geschichten der Salome: Blutige Bilder der Liebe. In: Die Femme Fatale. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03307-9_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03307-9_4
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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