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Die kleinen Erzählungen (1914–1917)

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Kafka

Zusammenfassung

Den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vermerkte Kafka in seinem Tagebuch lediglich mit den Worten: »Deutschland hat Rußland den Krieg erklärt. — Nachmittag Schwimmschule« (T 418). Zu diesem Zeitpunkt war er zu sehr mit dem Scheitern seiner Verlobung beschäftigt, als daß er politischen Vorgängen große Aufmerksamkeit hätte schenken können. Der »Gerichtshof« im Hotel Askanischer Hof in Berlin hatte am 23. Juli 1914 stattgefunden, an dem Tag, an dem Österreich — als Antwort auf die Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand und seiner Gemahlin einen Monat zuvor — Serbien ein Ultimatum gestellt hatte. Als seine Bedingungen, die bewußt so gestellt waren, daß sie unannehmbar wurden, zurückgewiesen worden waren, erklärte Österreich am 28. Juli Serbien den Krieg. Rußland trat an der Seite Serbiens, Deutschland an der Seite Österreichs in den Krieg ein. Währenddessen — am 26. Juli — kehrte Kafka nach Prag zurück. Er war ganz ausgefüllt von den Schwiergikeiten seiner privaten Situation; am 28. Juli trug er in sein Tagebuch ein: »Wenn ich mich nicht in einer Arbeit rette, bin ich verloren« (T 411). Am folgenden Tage erscheint zum erstenmal der Name Josef K. (T 414). Während der nächsten sechs Monate setzte sich Kafka mit seinem Schuldgefühl auseinander; er versenkte sich ganz in das Wesen der Schuld und suchte sie wiedergutzumachen, indem er den Roman Der Prozeß schrieb.

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Anmerkungen

  1. Vgl. Binder, »Kafka und Napoleon«, in: Ulrich Gaier und Werner Volke (Hrsg.), Festschrift für Friedrich Beißner (Bebenhausen 1974), 38–66. Einen Überblick über die Entwicklung von Kafkas Führerbild gibt Oppenheimer, 64–77.

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Robertson, R. (1988). Verantwortung. In: Kafka. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03255-3_4

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