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Zusammenfassung

Mit Jean Pauls Autobiographik und ihrer Verflechtung im Spätwerk ist ein Höhepunkt literarischer Anthropologie im frühen 19. Jahrhundert erreicht. Ein Autor, der den ganzen Bestand der anthropologischen Diskussion aus dem 18. Jahrhundert durchforstet, um Aufschluß zu erlangen über den Leib und seine unsterbliche Seele, ein Autor, der wie seine Vorbilder im 18. Jahrhundert den Zusammenhang von Leib und Seele an den Erfahrungen des Ich erkunden möchte, ein Autor schließlich, der sich, wie kaum ein anderer formbewußt, Rechenschaft ablegt über die Schwierigkeiten, mit Anstand literarisch Ich zu sagen, ein dilettierender Anthropolog also, ein Dichter und Ästhetiker, gibt hier auf seine Weise die Summe der menschenkundlichen Autobiographik jener Jahrzehnte. Jenes Commercium von Leib und Seele, das die Anthropologen, die Erfah-rungsseelenkundler und die Literaten des 18. Jahrhunderts bewegt, wird ihm zum Roman von der spirituellen Befreiung vom Menschenkörperchen und zur prosaischen Erfahrung von der poetisch nur in engen Grenzen verwandelbaren Menschennatur. Jean Paul steht, auf das Jahrhundert zurückblickend, für die Hoffnungen und die Nöte, für die Leiden und die Größe der literarischen Anthropologie.

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Anmerkungen

  1. Ich zitiere »Dichtung und Wahrheit« nach der historisch-kritischen Ausgabe, die unter der Leitung von Siegfried Scheibe von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin veranstaltet worden ist: Johann Wolfgang Goethe, Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit, Bd. I: Text, Berlin 1970, Bd. II: Überlieferungen, Variantenverzeichnis, Paralipomena, Berlin 1974; hier Bd. I, S. 282.

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  2. Jean Paul im Urteil seiner Kritiker, Dokumente zur Wirkungsgeschichte Jean Pauls in Deutschland, hg. von Peter Sprengel München 1980, hier: Vorwort, S. XXXff.

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  3. Ich folge der Abhandlung von Dorothea Kuhn, Grundzüge der Goetheschen Morphologie, in: Goethe-Jahrbuch 95 (1978), hier S. 201; siehe dazu auch: Manfred Kleinschnieder, Goethes Naturstudien. Wissenschaftstheoretische und -geschichtliche Untersuchungen. Bonn 1971, hier S. 17ff. und neuerdings die Studie von Stephan Koranyi, Autobiographik und Wissenschaft im Denken Goethes, Bonn 1984.

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  4. Vgl. dazu die Distichen und Hexameter der Metamorphose der Pflanzen und Tiere. Zur Bedeutung der um die Metamorphose sich rankenden Vorstellungen für Goethes Autobiographik siehe Christoph Michel, »Eine Ausgeburt mehr der Notwendigkeit als der Wahl«. Goethes Autobiographik und die »Metamorphose der Pflanzen«, in: Philosophia naturalis, Archiv für Naturphilosophie und die philosophischen Grenzgebiete der exakten Wissenschaften und Wissenschaftsgeschichte 20 (1983), S. 339ff.

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  5. Bernd Witte hat dies entsprechend dargetan in seinem Essay »Autobiographie als Poetik. Zur Kunstgestalt von Goethes ›Dichtung und Wahrheit‹« (in: Neue Rundschau 89 [1978], S. 384ff.).

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  6. Vgl. Bernd Neumann, Identität und Rollenzwang. Zur Theorie der Autobiographie, Frankfurt a. M. 1970 als eine Arbeit für viele.

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  7. Ueber das Erhabene, in: Schiller, Werke. Nationalausgabe, Bd. XXI, Philosophische Schriften II, hg. von Helmut Koopmann und Benno von Wiese, Weimar 1963, S. 38. Nach Schiller gelingt es aber dem Menschen, sich durch seine moralische Kultur über solche physischen Notwendigkeiten zu erheben.

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  8. Vgl. zum folgenden die grundlegende Studie Erwin Panofskys »Et in Arcadia ego. Poussin und die Tradition des Elegischen« in: Meaning in the Visual Arts, New York 1957, dt. : E. P., Sinn und Deutung in der bildenden Kunst, Köln 1975, S. 351ff.

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  9. Siehe entsprechend Schiller im Gedicht »Resignation« (»Auch ich war in Arcadien geboren, / Auch mir hat die Natur / An meiner Wiege Freude zugeschworen […]«), in: Schillers Werke, Nationalausgabe, 2. Bd., Teil I, Gedichte, hg. von Norbert Oellers, Weimar 1983, S. 401.

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  10. Vgl. den schönen Essay hierzu von Albrecht Schöne, ›»Regenbogen auf schwarzgrauem Grunde‹. Goethes Dornburger Brief an Zelter zum Tod seines Großherzogs«, in: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 81–83 (1977–79), S. 17ff.; hier S. 19. Auch Goethes sonstige Werke, nicht nur die »Italiänische Reise«, zeugen von diesem Nicht-Statuieren des Todes. Man denke nur an Mignons Exequien — die Leiche ist durch eine balsamische Masse, welche

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  11. das Blut ersetzt, gleichsam wiederbelebt worden, der Körper der Vergänglichkeit entzogen (Wilhelm Meisters Lehrjahre, 8. Buch, 8. Kap.); oder man denke an den schönen Frauenarm, der von Wilhelm seziert werden soll (Wilhelm Meisters Wanderjahre, 3. Buch, 3. Kap.) — dieser zieht es jedoch vor, statt das Tote zu entstellen, eine Form der künstlichen, scheinhaften Belebung zu erlernen: Wilhelm modelliert mit dem plastischen Chirurgen einen weiblichen Arm aus Knochenskelett, biegsamer Masse und Stäbchen, um einer höheren als der bloß entstellenden, sezierenden Anatomie willen. Siehe dazu auch Franz Koch, Goethes Stellung zu Tod und Unsterblichkeit, Weimar 1932, hier bes. S. 219ff.

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  12. Arno Borst, Valmy 1792 — ein historisches Ereignis? in: Deutschunterricht 26 (1974), S. 88ff.

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  13. Dazu auch: Thomas P. Saine, Goethe’s Novel »Campagne in Frankreich«, in: William J. Lillyman (Hg.), Goethe’s Narrative Fiction. The Irvin Goethe Symposium, Berlin, New York 1983, S. 198ff.

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Pfotenhauer, H. (1987). Goethe. In: Literarische Anthropologie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03240-9_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03240-9_7

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