Zusammenfassung
Die neuere Hölderlin-Forschung spricht im allgemeinen lieber von den späten Hymnen, obwohl Hölderlin selbst diesen Genre-Begriff für die spätere Dichtung nicht gebraucht. Er spricht vom »Frohloken vaterländischer Gesänge« (StA VI, 436). Verständlich ist freilich die Umbenennung. Allzu sehr hat die deutsche Geschichte den Begriff des Vaterlandes kontaminiert. Dagegen hilft auch nicht das Wissen, daß der Begriff am Ende des 18. Jahrhunderts noch ganz andere, revolutionäre Konnotationen hatte. [1] Die Wörter vergessen nichts: in jeder Verwendung sprechen die Spuren früherer mit. Aber eben deshalb hilft das Verdrängen nicht. Nicht indem wir die dazwischen liegende Geschichte vergessen, sondern im Bewußtsein ihrer Narben nehmen wir das Wort auf, das Hölderlin mehrfach geschrieben hat und schreiben es noch einmal.
oτ’ oὺκήτ’ ϵὶμί, τηνικαῦτ’ αρ’ ϵιμ’ άνήρ;
(Sophokles: Ödipus auf Kolonos)
Anmerkungen
Mary Lefkowitz, »Autobiographical Fiction in Pindar«, in: Harvard Studies in Classical Phillogy 84 (1980), S. 29–49 (im folgenden Seitenangaben im Text). Vgl. auch M. Lefkowitz, The Victory Ode. An Introduction. Park Ridge, N. J.: Noyes Press 1976.
Karl Pestalozzi, Die Entstehung des lyrischen Ich: Studien zum Motiv der Erhebung in der Lyrik. Berlin: de Gruyter 1970.
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John R. Searle, »Reiterating the Differences: A Reply to Derrida«, in: Glyph 1 (1977), S. 198–208.
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Nägele, R. (1985). Das Subjekt der »Vaterländischen Gesänge«. In: Text, Geschichte und Subjektivität in Hölderlins Dichtung: »Uneßbarer Schrift gleich«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03207-2_3
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