Zusammenfassung
Das hohe Ansehen Wiecherts in der Zeit unmittelbar nach Kriegsende beruht auf dem moralischen Kredit, den man »innerer Emigration« bereitwillig einräumte. Der gerade von diesem Autor dargestellte Rückzug in ungestörte Einfachheit des Lebens wurde als ein Modell verstanden, wie der Einzelne unter faschistischer Herrschaft, aber auch in der Phase ideologischer Desorientierung nach 1945 Menschlichkeit bewahren könnte.[197] Wiecherts Glaube an den beständigen Wert deutscher Innerlichkeit verhieß Lossprechung vom Faschismus, ohne daß seine Ursachen hätten herausgefunden und benannt werden müssen. Literarisch prägt sich dies Modell als Rückzug in geschichtsferne Idyllik oder ins Reservat seelischer Innenräume aus, als Rückbesinnung auf feste Ordnungen, die dem Wechsel nicht unterworfen seien, vor allem auf Ordnungen der Natur. Es kann nicht überraschen, daß dies Konzept einer Rückführung das Märchen einschließt. Denn mit dem Märchen verbindet sich für viele Leser die Assoziation an eine Phase der Ursprünglichkeit und Einfachheit, sowohl in der Entwicklung des einzelnen Menschen wie in der Entwicklung der Völker.
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Tismar, J. (1981). Kunstmärchen seit 1945. In: Das deutsche Kunstmärchen des zwanzigsten Jahrhunderts. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03155-6_4
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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