Zusammenfassung
Platen gehört, wie Heine, sein feindlicher Bruder, zu den umstrittensten Dichtern deutscher Sprache. In solchen Fällen ist es besonders ratsam, nicht mit Werturteilen zu beginnen, sondern sich ernsthaft um ein historisches Verständnis zu bemühen; denn die Geschichte gibt, ohne die letzte Instanz zu sein, manchem Streitpunkt erst die ihm zukommende Bedeutung. Und gerade Platen ist, trotz seines Ewigkeitsanspruches, ein echter Sohn der Restaurationsepoche und an keiner anderen historischen Stelle zu denken. Die Versuche, ihn einseitig der Klassik oder der Romantik zuzuordnen, mußten von vornherein vergeblich sein, denn das Erbe beider Richtungen ist seit 1815 selbstverständlich, ebenso das bei Platen zu beobachtende Schwanken zwischen der Klassik- und Romantiktradition*. Auch die Vorstellung, er sei im Grunde schon ein heimlicher Angehöriger der nachrealistischen Kunstperiode, ein Verwandter Stefan Georges oder noch jüngerer Dichter gewesen, ist bei ihm ebenso irreführend wie bei anderen Dichtern dieser zwiege-sichtigen, ebenso vorwärts wie rückwärts blickenden Periode. Solche Stilisierungen sind nicht besser als die marxistischen Interpretationen, die das Vormärz-Element in Platen übersteigern und ihn zum Verwandten Bert Brechts machen [1].
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Anmerkungen
August Graf von Platen, Dichtungen, hg. v. Günther Voigt, Berlin 1957, Einleitung,
vgl. dagegen Paul Reimann, Hauptströmungen der deutschen Literatur 1750–1848, Beiträge zu ihrer Geschichte und Kritik, Berlin 1956, S. 652–656.
William David Williams, August von Platen, in: German men of letters Bd. V, hg. v. Alex Natan, London 1969, S. 133.
Vgl. auch Roger Paulin, Six Sapphic Odes 1753–1934, in: Seminar, X, 3 (Sept. 1974), S. 187.
Vgl. Romantik. Mit Beiträgen von Joh. Bekh, H. Graßl u. a., München 1973 (Reihe Bayern für Liebhaber). Das Buch enthält einen Abschnitt über Platen. Dgl. Michael Dirrigl, Residenz der Musen: München Magnet für Musiker, Dichter und Denker, München 1968, Kapitel über Platen: S. 333–358.
Tagebuch, 24. 12. 1817, nach: Einleitung des Herausgebers zu August Graf von Platen, Sämtliche Werke in zwölf Bänden, hist.-krit. Ausg., hg. v. Max Koch und Erich Petzet, Bd. 9, Leipzig [1910], S. 7 (= HKA).
Rezension zu: Unger, Platen in seinem Verhältnis zu Goethe, Ein Beitrag zur inneren Entwicklungsgeschichte des Dichters, Berlin 1903, in: Euph. Bd. 13 (1906), S. 204–221.
Thomas Mann, Adel des Geistes, Sechzehn Versuche zum Problem der Humanität, Frankfurt 1955, S. 446 f.
Vgl. dagegen K. Wölfel, Platens poetische Existenz, Diss. Würzburg 1951, S. 130.
Gespräche mit Heine, hg. v. Heinrich Hubert Houben, Potsdam 21948, S. 300.
Platen. Gedächtnisschrift der Universitätsbibliothek Erlangen zum hundertsten Jahrestag des Todes August von Platens, hg. v. Eugen Stollreither, Erlangen 1936, S. 1–28.
Olivio José Caeiro, O Diário de Platen-Hallermünde, Expressäo duma crise espiritual. Diss. Lisboa 1968.
Rudolf Schlösser, August Graf von Platen, Ein Bild seines geistigen Entwicklungsganges und seines dichterischen Schaffens, Bd. 2, München 1913, S. 63 ff.
Ähnlich O. Greulich, Platens Litteraturkomödien, Diss. Luzern 1901.
August Langen, Dialogisches Spiel. Formen und Wandlungen des Wechselgesangs in der deutschen Dichtung (1600–1900), Heidelberg 1966, S. 243.
Josef Nadler, Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften, Bd. 4, Regensburg 31932, S. 253.
Sperrung von mir. Die Beurteilung findet sich in der Rezension von Rückerts »Östlichen Rosen«, Goethe, Werke Bd. 12, Hamburg 1953, S. 310.
Heinrich Welti, Geschichte des Sonetts in der deutschen Dichtung, Leipzig 1884, S. 226. — Zurückhaltender äußert sich Walter Mönch, Das Sonett, Gestalt und Geschichte, Heidelberg 1955, insofern er S. 186 den gehaltvolleren Immermann neben Platen stellt.
Dgl. C. Wittlinger (Die Satzführung im deutschen Sonett vom Barock bis zu Rilke, Diss. Tübingen 1956) unter Hinweis auf die späteren Veränderungen des Sonetts (S. 280).
Paul Requadt, Platens Venedig, in: P. R., Bildlichkeit in der Dichtung. Aufsätze zur deutschen Literatur vom 18. bis 20. Jahrhundert, München 1974, S. 91.
Hans Kuhn, Sind Klassiker unsterblich? Platens Fortleben in den Anthologien, in: Orbis Litterarum, Bd. 22. (1967), S. 115.
HKA, Bd. 2, S. 94 f. Berühmt: Thomas Mann z. B. glaubte, »mit ihm [dem Gedicht Tristan] und seinem Titel könne man den Dichter identifizieren« (Adel des Geistes, Frankfurt 1955, S. 440).
Karlhans Kluncker (Der Dichter und die Dichtung im Werk des Grafen August von Platen, in: Castrum Peregrini H. 90, 1969, S. 62 f.) macht darauf aufmerksam, daß der Platenbiograph Schlösser in seinem negativen Urteil über Platens Oden-Metrik durch Georges Vortragskunst verunsichert wurde.
Vojtěch Jirát, Platens Stil. Ein Beitrag zum Stilproblem der nachromantischen Lyrik, V Praze 1933.
Vincent J. Günther, August Graf von Platen, in: Deutsche Dichter des 19. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk, hg. v. Benno von Wiese, (1969), S. 93.
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Sengle, F. (1980). August Graf von Platen (1796–1835). In: Biedermeierzeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03127-3_7
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