Zusammenfassung
[132] Wenn man die neuere Literatur, die man vorzugsweise die »schöne« nennt, betrachtet, und nach jedem neuen Roman, welcher nach der Mode der Zeit die Augen der Kritiker und des Publikums auf sich gezogen hat (und deren Zahl ist wirklich nicht klein), überlegt, was besonders die allgemeine Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat, ob’s die schöne Vollendung des Ganzen, die innere Abrundung der einzelnen Theile, der zur Form gewordene Geist des Dichters ist: so wird man selten mit Ja antworten können. Die neuere Zeit bringt keine Meisterwerke vor. Es ist nicht der mit künstlerischem Selbstbewußtsein schaffende Geist, welcher sich wie früher in den ausgezeichneteren Werken der Dichtung geltend macht; ein anderer Geist hat sich der Schöpfungen der Phantasie bemächtigt, andere Anforderungen werden von der Zeit an sie gemacht, und diese sonst vorzugsweise erstrebte und geschätzte Vollendung der Form scheint nur noch als ein angenehmes Beiwerk betrachtet zu werden, das da oder nicht da sein kann, und deren Mangel keineswegs den Beifall mindert, wenn nur sonst diejenigen Eigenschaften in den gepriesenen Dichtwerken nicht fehlen, welche unsere Zeit verlangt.
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Nachweise und Anmerkungen
Aeneas Sylvius: Niklas von Wyle (um 1410–nach 1478) übersetzte das Werk von Enea Silvio de Piccolomini (1405–64) unter dem Titel »Von Euriolo und Lucrecia« (1462).
Mager: Dr. Karl W. E. Mager schreibt in seiner »Geschichte der französischen National-Litteratur neuerer und neuester Zeit. (1789–1837)«, Bd. 2, 1. Abt., Berlin 1839, S. 177: »Schon jetzt folgt für den Unbefangenen aus G. Sand’s Romanen durchaus nicht, was daraus folgen soll. Nicht die Societät macht die Menschen in Indiana, Valentine und Jacques unglücklich, sondern die eigene Thorheit und auch wohl das Laster, oder doch eine sträfliche Schwäche.«
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Meyer, L. (1976). Aus: Der sociale Roman 1844. In: Romantheorie und Romankritik in Deutschland. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03055-9_41
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