Zusammenfassung
Die Grammatik, als analytische Theorie der Mechanismen der Sprache [langue] für sich betrachtet, ist spät in Erscheinung getreten. Die Reflexion über die Sprache hat bei den Sumerern, deren Schriftsystem auf ein beginnendes Bewußtsein für die lautliche und lexikalische Analyse schließen läßt, und bei den Phöniziern, die vermutlich das Alphabet erfunden haben, wahrscheinlich einiges Gewicht gehabt. Aber soweit unsere spärlichen Dokumente über das frühe Altertum Beweiskraft haben, scheint es nicht, daß man in diesen beiden Fällen von einem wirklichen grammatikalischen Denken sprechen kann. Im Altindischen dagegen sind Termini überaus häufig, welche die phonetischen und morphologischen Fakten bezeichnen, sei es in den Nicht-Paninischen Schulen (Katantra, Saravasta) oder bei den Schülern von Panini (Patanjali, Haradatta). China weist im dritten Jahrhundert v. Chr. eine lexikalische Tradition auf, die von den großen historischen Wörterbüchern illustriert wird, dem Eul Ya und später dem Chouo Wen. Im 2. und 3. Jahrhundert der Hedschra gab es zwischen der Schule des Basra und der des Koufa berühmt gewordene Kontroversen über verschiedene Fragen der Grammatik, insbesondere über den nominalen Ursprung des arabischen Verbs. Aber man stellt fest, daß die Aktivität all dieser Schulen vor allem philologisch ausgerichtet ist, d. h. nicht auf die Analyse der Sprache um ihrer selbst willen, sondern als Ausdrucksmittel einer bestimmten Literatur; für die Chinesen ging es darum, die Lektüre der vorkonfuzianischen und konfuzianischen Klassiker durch Kommentare so klar wie möglich zu machen; den Arabern ging es um die Fixierung der Sprache des Koran, der Sprache Gottes.
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Hagège, C. (1973). Grammatik. In: Martinet, A., Martinet, J., Walter, H. (eds) Linguistik Ein Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02989-8_17
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02989-8_17
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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