Zusammenfassung
Als 1814/15 Napoleons ehrgeiziges Projekt einer Universalmonarchie militärisch und politisch scheitert, beginnt auf dem Wiener Kongress wie in Tagespresse und Literatur eine ebenso breite wie häufig übersehene Debatte um die politische Neuordnung Europas. Tatsächlich wird im vermeintlichen Säkulum der Nationen immerzu und überall zwischen 1815 und 1871 über Europa gesprochen: von Juristen wie Salomon Zachariä oder vom Kantianer Karl Christian Friedrich Krause in völkerrechtlichen Studien, von Diplomaten wie Gentz oder Metternich in Briefen, Tagebüchern, Entwürfen und Verträgen oder von Ökonomen wie Konrad Schmidt-Phiseldek in Vorstellungen von großen Märkten. Und die Literaten?
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Anmerkungen
Vgl. Geoffroy Rémi: Itinéraires européens des libéraux allemands du Vormärz. — In: Logique des traverses. De l’influence. Recherches en histoire des idées. Hrsg. v. Frédéric Regard. Saint-Etienne 1992, S. 121–161. — Hermand hebt hervor, dass es für die Auffassung eines Repräsentanten und Vorzeigedenkers allerdings keine »gesellschaftliche Rückversicherung« gab (Jost Hermand: Jungdeutscher Tempelsturm. Zur Austreibung des Poetischen aus der Literatur. — In: Ders.: Mehr als ein Liberaler. Über Heinrich Heine. New York u. a. 1991, S. 93—III, hier: S.; 96. Doch beim späten Heine noch ist die Überzeugung von der Wirkungskraft eines Dichters ungebrochen, so ließe sich zumindest der »Lazarus«-Traum (»Wie langsam kriechet sie dahin …«) deuten.
Vgl. Volkmar Hansen: Johannes der Täufer. Heines bedingter Bonapartismus. — In: Der späte Heine. 1846–1856. Literatur, Politik, Religion. Hrsg. v. Wilhelm Gössmann u. Joseph A. Kruse. Hamburg 1982 (=Heine-Studien), S. 69–96. Hansen versteht unter dem Begriff des Bonapartismus sowohl die politische Partei im Frankreich des 19. Jahrhunderts als auch ein übertragbares Modell charismatischer Herrschaft. Heine hatte in der »Reise von München nach Genua« seinen Bonapartismus eingegrenzt: »Ich bitte dich, lieber Leser, halte mich nicht für einen unbedingten Bona-partisten; meine Huldigung gilt nicht den Handlungen, sondern nur dem Genius des Mannes. Unbedingt liebe ich ihn nur bis zum achtzehnten Brumaire [9.II.1799] — da verrieth er die Freyheit.« (DHA VII, 68) Dass Heine den leidenden Kaiser auf St. Helena besonders bewundert, lässt auch darauf schließen, dass er dessen Europa-Vision gekannt hat.
Vgl. Julius Fröbel: Wien, Deutschland und Europa. Wien 1848. Fröbel ist überzeugt, dass der Gang der Geschichte »nicht auf die Sonderung, sondern auf die Verschmelzung der Racen« (S. 8) gehe und dass »die gegenwärtige Eifersucht der Nationalitäten nichts anderes als eine vorübergehende Erscheinung von vorzugsweise negativem Charakter« sei. Ziel sei nicht eine »Abrun-dung der Nationalitäten«, sondern »die politische Vereinigung derselben durch das Verhältnis freier Bundesbrüderschaft«.
Vgl. Gerhard Höhn: Heine-Handbuch. Zeit, Person, Werk. 2. Aufl. Stuttgart, Weimar 1997, S. 27: »Die Frage der Staatsform steht außerdem in Heines Ideen grundsätzlich an Bedeutung hinter der sozialen Frage zurück.«
Adelbert von Chamisso: Der Tod Napoelons. — In: Ders.: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Jost Perfahl. Band I. München 1975, S. 498 f.
Karl Immermann: Münchhausen. — In: Werke in fünf Bänden. Hrsg. v. Benno von Wiese. Bd. III. Frankfurt a. M. 1972, S. 18.
Vgl. Markus Küppers: Heinrich Heines Arbeit am Mythos. Münster u. a. 1994, S. 288.
Bodo Morawe: Heines »Französische Zustände«. Über die Fortschritte des Republikanismus und die anmarschierende Weltliteratur. Heidelberg 1997, S. 87.
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Conter, C.D. (2004). Kontinentaldiagnostik im Wandel Heinrich Heines Positionen im Europadiskurs. In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 2004. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02888-4_8
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