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Der Abenteurer als Magnetiseur Franz Anton Mesmer

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Zusammenfassung

Die Literarisierung des Mesmerismus ist die Geschichte abenteuerlicher Metamorphosen einer historischen Person und ihrer Lehre.1 Allerdings ist das Interesse am Mesmerismus nicht ganz deckungsgleich mit dem an Mesmers Person. Denn zum einen ist mit dem Stichwort Mesmerismus mehr und anderes aufgerufen als nur die Lehre eines einzelnen Mannes. Steht diese doch im größeren Kontext verwandter Theorien wie der vorromantischen und romantischen Naturlehre als ganzer, im Schnittfeld zeitgenössischer Diskurse der Wissenschaft, Religion und Philosophie. Aber die Person Mesmers ist auch nicht gänzlich auf dessen Eigenschaft als Begründer einer Lehre und eines heilpraktischen Verfahrens zu reduzieren. Er ist auch durch anderes aufgefallen: durch eine offenbar charismatische Persönlichkeit, die ihn in den Augen der zeitgenössischen Öffentlichkeit an die Seite Cagliostros oder des Grafen von Saint-Germain rücken ließ, durch Kunstsinn (insbesondere durch eine Art mäzenatischer Haltung gegenüber dem jungen Mozart), durch Geschäftssinn, durch gesellschaftliche Erfolge, durch Kampfgeist. Unternimmt man allerdings rückblickend den Versuch, über seine Person etwas auszusagen, so fallen viele Ambivalenzen und Widersprüche auf. Einem besonnenen und bis zum tiefen Selbstzweifel kritischen Wissenschaftler steht im Bildersortiment der Nachwelt ein in seine abstruse Theorie heillos verbohrter Querdenker gegenüber — einem philanthropisch gesonnenen Helfer der Armen ein Geschäftsmann, der sich bestens zu vermarkten wußte und seine Schäfchen immer wieder ins Trockene brachte — einem Modearzt des Ancien Régime ein republikanisch gesinnter Jakobinerfreund — einem uneigennützig der Heilkunst ergebenen Arzt ein Verführer des gutgläubigen Publikums, der sich vor allem auf die Bedürfnisse weiblicher Patienten verstand — einem altersmilde-resignierten Eremiten ein bis ins hohe Alter streitbarer Geist, der bis zuletzt unbelehrbar seine Thesen verfocht — einem anachronistischen Scharlatan ein Kolumbus der Medizin und Psychologie.

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Notizen

  1. Vgl. insbes. Jürgen Barkhoff: Magnetische Fiktionen. Literarisierung des Mesmerismus in der Romantik. Stuttgart/Weimar 1995.

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  2. Barkhoff: Magnetische Fiktionen. S. 168.

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  3. Lorenzo da Ponte: „Così fan tutte o sia La scuola degli amanti“. Zweisprachiges Textbuch. In: Attila Csampai, Dietmar Holland (Hgg.): Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte. Texte, Materialien, Kommentare. Reinbek bei Hamburg 1984. S. 53–181. Hier: S. 112f.

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  4. Zitiert nach Barkhoff: Magnetische Fiktionen. S. 4f.

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  5. Zitiert nach Robert Darnton: Der Mesmerismus und das Ende der Aufklärung in Frankreich. Frankfurt /Main 1986. S. 57.

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  6. Darnton: Der Mesmerismus. S. 58.

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  7. Wilhelm Iffland: Der Magnetismus. Nachspiel in einem Aufzug. Berlin, Leipzig 1788. g

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  8. Kerner: Franz Anton Mesmer. S. 9.

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  9. „Das ist es [so heißt es anschließend an die Mitteilung einer Mesmer-Passage], was Mesmer klar und tief über den Somnambulismus schrieb. Klar wie die Wasser seiner Heimath, zu denen es ihn in seiner Jugend immer hinzog, und tief, wie der See seiner Heimath waren immer seine Reden und Gedanken, und es findet sich auch in dieser seiner Abhandlung über den Somnambulismus nicht das Mindeste von Unklarheit und Ueberspannung.“ (Kerner: Franz Anton Mesmer. S. 94).

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  10. Justinus Kerner: Winterblüten. In: Kerners Werke. Hg. v. Raimund Pissin. Berlin u.a. 1914. S. 346f.

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  11. Stefan Zweig: Die Heilung durch den Geist. Mesmer, Mary Baker-Eddy, Freud. Leipzig 1931.

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  12. „La Bible nous dit que le Seigneur a crée toutes choses en même temps. De nos jours la raison scientifique éprouve le besoin de s’appuyer sur un ordre de succesion des espèces qui légitime ‘le Transformisme’. Cependant, au-delà de l’évolution biologique, rien n’interdit de percevoir une vision de l’éternité qui englobe, les éliminant avec le temps et l’espace, les catégories inventées par le cerveau infirme. Non seulement les vivants existent, mais ils existent ensemble. Ce lien que l’esprit de géométrie rejette, Mesmer l’a nommé Magnétisme animal, lequel exploite la situation générale d’interdépendance joignant la partie au tout, comme à l’intérieur d’un corps immense. L’on retrouve ici la notion ésotérique de ‘microcosme’, évidente à qui, par sa propre nature, est sensible aux harmonies de la Nature. Chez certains mystiques, elle aboutit à un pleine communion“ (Jean Josipovici: Franz Anton Mesmer, Magnétiseur, Médecin et Franc-Maçon. Monaco 1982. S. 200).

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Horst Albert Glaser Sabine Kleine-Roßbach

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Schmitz-Emans, M. (2002). Der Abenteurer als Magnetiseur Franz Anton Mesmer. In: Glaser, H.A., Kleine-Roßbach, S. (eds) Abenteurer als Helden der Literatur. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02877-8_17

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02877-8_17

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  • Online ISBN: 978-3-476-02877-8

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