Zusammenfassung
Spätestens seit dem Nobelpreis für Günter Grass (1999) und zuvor schon durch den Welterfolg der Schlöndorff schen Verfilmung (1979) der Blechtrommel ist das Werk mit einer Aura ausgestattet, die es vor Kritik schützt. Würde jemand es wegen „Blasphemie“ auf den Index setzen oder es wegen „Pornographie“ verbieten wollen, der würde heute eher seinem Ansehen schaden als dem Werk und seinem Autor. In wirkungsgeschichtlichen Prozessen werden literarische Werke kanonisiert und damit aktueller Diskussion enthoben; häufig verhindert das Signum „Weltliteratur“ eine lebendige Rezeption. Man muß — wie ich aus Seminaren weiß — an der ‚Aura‘ kratzen, um die individuelle Auseinandersetzung überhaupt in Gang zu setzen; die Berührungsfurcht ist von der Sorge begleitet, man könne sich blamieren.
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Notizen
Die offizielle (Nicht)-Rezeption in der DDR wäre ein eigenes Thema. Vgl. die Wertungstendenz in der Akademie-Literaturgeschichte: Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 12: Literatur der BRD. Berlin: Volk und Wissen 1983, S. 191ff.
Heinz Ludwig Arnold/Franz Josef Görtz: Günter Grass. Dokumente zur politischen Wirkung. Stuttgart 1971. — Franz Josef Görtz (Hrsg.): Die Blechtrommel. Attraktion und Ärgernis. Ein Kapitel deutscher Literaturkritik. Darmstadt/Neuwied 1984.
Volker Neuhaus: Günter Grass, Die Blechtrommel. Erläuterungen und Dokumente, Stuttgart: Reclam 1997 (UB 16 005).
Elisabeth Pflanz: Sexualität und Sexualideologie des Ich-Erzählers in Günter Grass’ Roman „Die Blechtrommel“. München 1975 (Diss. Würzburg 1974). — Franz Josef Görtz: Günter Grass. Zur Pathogenese eines Markenbildes. Die Literaturkritik der Massenmedien 1959–1969. Eine Untersuchung mit Hilfe datenverarbeitender Methoden. Meisenheim a. Glan: Anton Hain 1978 (Diss. Aachen 1977).
Manfred Hausmann zit. n. Volker Neuhaus [Anm. 3], S. 170f.
H. Müller-Eckard zit. n. Volker Neuhaus [Anm. 3], S. 140–143.
Die Sprachlichen Stereotypen sind in ihrer Genese nachgezeichnet bei F.J. Görtz [Anm. 4], S. 174–234. — Das Grozinger-Zitat, ebd. S. 186.
Volker Neuhaus [Anm. 3], S. 174.
Vgl. Stefan Busch: „Und gestern, da hörte uns Deutschland“. NS-Autoren in der Bundesrepublik. Kontinuität und Diskontinuität bei Friederich Griese, Werner Beumelburg, Eberhard Wolfgang Möller und Kurt Ziesel. — Würzburg: Könighausen und Neumann 1998.
[Kurt Ziesel]: Kunst oder Pornographie?, S. 17.
[Kurt Ziesel]: Kunst oder Pornographie?, S. 6.
Ebd. S. 7.
Eberhard Roters (Hrsg.): Entartete Kunst. Ausstellungsführer. [Nachdruck der Ausgabe München 1937] Köln, König 1988, S. 374.
Ebd. S. 16.
Siehe oben (Anm. 5).
Vgl. Dieter Stolz: Vom privaten Motivkomplex zum poetischen Weltentwurf. Konstanten und Entwicklungen im literarischen Werk von Günter Grass (1956–1986) Würzburg: Könighausen & Neumann 1994, S. 253–291.
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Eggert, H. (2002). Der späte Prozeß über ‚Entartete Kunst‘. Zum Skandal um Die Blechtrommel in den sechziger Jahren. In: Eggert, H., Golec, J. (eds) Tabu und Tabubruch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02873-0_9
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