Zusammenfassung
Das dieser Studie zugrundeliegende Erkenntnisinteresse richtet sich einmal nicht auf die vieldiskutierte Formel vom klassischen Bildungsroman, sondern auf das weiblich konnotierte „Andere“, das den Bildungsgang Wilhelm Meisters — hier aufgefaßt als die allmähliche kulturelle Initiation in ein männlich dominiertes Zeichen- und Bedeutungssystem — zugleich ermöglicht und unterläuft. Die Frauenreihe in Wilhelm Meisters Lehrjahre, so die überzeugend ausgeführte These von Brigitte Kohn, ist als poetische Konfiguration von Goethes Symboltheorie gestaltet. Deren Evidenz für kulturelle psycho- und soziogenetische Prozesse zeigt sich gerade darin, daß sie es ermöglicht, vorsprachliche Sinneswahmehmung, erotisches Erleben und das gleichermaßen kreative wie pathologische Potential „wilder Semiose“ (Aleida Assmann), also einer unmittelbar auf die Sprache der Dinge und des Körpers sich gründenden Zeichenund Bedeutungsbildung, an die abstrakt-signifikante, den Gesetzen des Verstandes, der Ökonomie, der Weltdistanzierung und der Repräsentation unterworfene Ordnung rückzubinden, das Imaginäre an die symbolische Ordnung zu vermitteln und innerhalb dieser zu institutionalisieren.
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Malinowski, B. (2004). Brigitte Kohn: „Denn wer die Weiber haßt, wie kann der leben?“. In: Frick, W., Golz, J., Zehm, E. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02860-0_36
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Online ISBN: 978-3-476-02860-0
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