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Undines späte Schwester. Über Nixen und Wasserfrauen in der modernen Literatur und Kunst

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Book cover Phantastik — Kult oder Kultur?
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Zusammenfassung

Der in Rumänien gebürtige Graphiker und Maler André François hat 1998 unter dem Titel Sirènades eine Serie von graphischen Arbeiten zusammengefaßt, die sich dem Thema Sirenen widmen: Zeichnungen und Gemälde, in verschiedenen Techniken ausgeführt, sowie Collagen, Fotos und plastische Objekte.1 Auf François’ Blättern tummeln sich skurrile Wesen, die oft aus heterogenen Elementen zusammengesetzt sind (Abb. 1 und 2): Nixen vom Allerfeinsten, die aus einigen prägnanten Federstrichen sowie fotografierten Juwelen oder edlen Dessous bestehen, Alltagsnixen, zusammengesetzt aus Kieselsteinen, Briefmarken, Geldscheinen, Türschloßbeschlägen, höchst unscheinbare Nixen, wie die aus dem Blech einer Keksdose geschnittene, die erst auf den zweiten Blick innerhalb eines collagierten Ensembles von Treibgut-Fundstücken sichtbar wird, erotische, pornographisch-obszöne und morbide Nixen, komische Strichfiguren (wie die einer Nixe, die, auf einem Zentauren reitend, einen Minotaurus in die Wüste schickt, fromme Nixen, collagiert aus Madonnendarstellungen — schließlich sogar unsichtbare Nixen: Denn vergeblich sucht der Betrachter einer aquarellierten Küstenlandschaft zunächst nach der Nixe, um die es diesmal gehen soll — da sind nur Felsen und Wasser —, bis sich das Aquarell als erstes Blatt einer vierteiligen Bildfolge erweist, deren weiterer Verlauf die Nixe buchstäblich auftauchen läßt.

I. Phantastische Sirenaden

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  1. André François: Sirènade. (1998)

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Christine Ivanović Jürgen Lehmann Markus May

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Schmitz-Emans, M. (2003). Undines späte Schwester. Über Nixen und Wasserfrauen in der modernen Literatur und Kunst. In: Ivanović, C., Lehmann, J., May, M. (eds) Phantastik — Kult oder Kultur?. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02835-8_11

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