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Dämon des Geschlechts. Prolegomena zu Vampirismus und Gender in der neueren deutschsprachigen Literatur

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Phantastik — Kult oder Kultur?
  • 373 Accesses

Zusammenfassung

Die europäische Literaturgeschichte blickt auf mehr als ein Vierteljahrtausend Vampir-Einfälle zurück: 1748 erschien das erste bekanntgewordene Vampirgedicht der Weltliteratur, Heinrich August Ossenfelders Mein liebes Mägdchen glaubet; es ist in deutscher Sprache verfaßt worden.1 1997 wiederum waren gleich zwei einschlägige Jubiläen zu begehen; es jährte sich das Erscheinen von Goethes Schauerballade Die Braut von Korinth in Schillers Musenalmanach zum zweihundertsten und jenes von Bram Stokers Dracula-Roman zum hundersten Male, wobei auch Los Angeles zum Schauplatz eines schaurigen Kongresses von akademisch gebildeten Vampirologen, Fans und Laien wurde.2

Die Kunst versieht nebenbei die Aufgabe, zu konserviren, auch wohl erloschene, verblichene Vorstellungen ein wenig wieder aufzufärben; sie flicht, wenn sie diese Aufgabe löst, ein Band um verschiedene Zeitalter und macht deren Geister wiederkehren. Zwar ist es nur ein Scheinleben wie über Gräbern, welches hierdurch entsteht, oder wie die Wiederkehr geliebter Toten im Träume: aber wenigstens auf Augenblicke wird die alte Empfindung wieder rege und das Herz klopft nach einem sonst vergessenen Takte.

(Friedrich Nietzsche: Menschliches Allzumenschliches I. §147)

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Notizen

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Ruthner, C. (2003). Dämon des Geschlechts. Prolegomena zu Vampirismus und Gender in der neueren deutschsprachigen Literatur. In: Ivanović, C., Lehmann, J., May, M. (eds) Phantastik — Kult oder Kultur?. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02835-8_10

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