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Zusammenfassung

Kann man Aufklären verneinen? Oder kann man nur aufklärend verneinen? Formal und nicht eigentlich klärend mag der Bescheid sein, Aufklärung könne nicht verneint werden, weil Negativität als Medium der Verneinung, der Kritik, die einen Ausgang anzeigt und einen Ausgang nimmt, eben das Aufklären ausmache und Aufklärung stets auch Aufklärung über Aufklärung sei, Aufklärung, die sich nicht bei einer Vorstellung oder einem Begriff ihrer selbst beruhigt. Das Über der Reflexion, das sich noch auf die Reflexion richtet und sie in eine Reflexion der Reflexion, in zweite Reflexion oder in Selbstreflexion verwandelt, in Eingedenken oder Selbstbesinnung, die über das Reflektieren und Spekulieren aufklärt, statt sich von ihm leiten zu lassen, gehört konstitutiv zur Aufklärung, ist von ihr nicht ablösbar. In dem Maße, in dem Aufklärung eines anderen bedarf, unablösbar Aufklärung über etwas ist, das sie erhellt, bleibt sie an eine Voraussetzung gebunden, an eine dunkle oder wolkige Vergangenheit, verhält sie sich dem Neuen gegenüber gleichgültig oder feindlich und richtet sie Negativität gegen Negativität. In dem Maße aber, in dem das Über an keine bestimmte Voraussetzung gebunden sein darf und Aufklärung ihm so sehr untersteht wie es der Aufklärung, ist Aufklärung ein unablässiges und grundsätzlich offenes Entwerfen ihrer selbst, offen für und gar angewiesen auf das Neue, ohne das sie zu erstarren und sich in einen Selbstwiderspruch zu verwickeln droht. In dem Maße schließlich, in dem ihr das Neue wiederum zu einem Vorausgesetzten wird, das sie auflöst, ist Aufklärung nichts als ein Medium, eine Mitte, in der Kräfte aufeinandertreffen, die sich nie zu einem positiv Gesetzten verselbständigen.

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Literatur

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Alex Demirovic

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Düttmann, A.G. (2003). Trust Me. In: Demirovic, A. (eds) Modelle kritischer Gesellschaftstheorie. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02788-7_2

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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