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Goethe und unsere Zeit

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Goethe-Jahrbuch
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Zusammenfassung

Goethe und unsere Zeit — das Thema ist wichtig, denn erst wenn wir das Verhältnis Goethes zu unserer Zeit und das Verhältnis unserer Zeit zu Goethe geklärt haben, wissen wir, was wir eigentlich tun, wenn wir uns mit Goethe beschäftigen, welchen Sinn es hat. Hat es überhaupt einen Sinn? Oder ist das, was in Deutschland und der Welt in diesem Jahr des 250. Geburtstages über Goethe gesagt und verkündet wird, nichts anderes als der Ausdruck eines abgelebten spätbürgerlichen Kulturverständnisses, das — entgegen der Zeit — an der Vorstellung festhält, daß Dichtung nun mal zur Kulturgeschichte gehört. Haben die Klassiker der Kunst die Funktion der Perlenketten übernommen, mit denen wir Frauen uns bei Konzert- und Theaterbesuchen schmücken?

Festvortrag, gehalten auf der 76. Hauptversammlung der Goethe-Gesellschaft in Weimar 1999.

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Notizen

  1. André Suarès: Goethe, le Grand Européen. Paris 1932. Dort heißt es: „Goethe est le plus grand des Eu-ropéens; il est aussi le premier, depuis Montaigne […] Goethe est le grand médiateur. Il n’y a de salut pour l’Europe que dans l’esprit de Goethe. Mais il n’est pas possible que cet esprit s’éteigne, puisqu’il est celui de l’Europe même, et que l’Europe ne serait qu’un mot vide sans lui.“ Suarès’ Aufsatz Goethe — l’Universel war ein Beitrag zu der von André Gide zum 100. Todestag Goethes herausgegebenen Sondernummer Hommage à Goethe der Nouvelle Revue Française, Paris 1932 (Fotomechanische Reproduktion 1991). Erstaunlicherweise existiert Suarès’ Buch, in dem Goethe als Repräsentant des europäischen Geistes erscheint, nirgends in der ‚Kulturhauptstadt Europas‘ Weimar, d.h. weder in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek noch in der Bibliothek des Goethe- und Schiller-Archivs. Doch wird es auch im elektronischen Katalog des Deutschen Bibliotheksverbunds, zu dem alle wichtigen Bibliotheken Deutschlands gehören, nicht verzeichnet. Es scheint, die Nazis haben ganze Arbeit geleistet, dies Buch eines geistreichen Franzosen, in dem Goethe als Europäer gefeiert wird, verschwinden zu lassen. — Alfred Bergmann faßte schon 1932 das Welt-Echo des Goethejahres in einer Jahresgabe für die „Freunde des Goethehauses“, eingeleitet von Hans Wahl, zusammen.

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  2. Vgl. die internationalen Würdigungen im Goethejahr 1949, vor allem die Bicentennial Convocation in Aspen/Colorado (veröffentlicht in: Goethe and the Modern Age. Edited by Arnold Bergsträsser. Chicago 1950) und die bereits erwähnte, von der UNESCO in Paris 1949 in frz. und engl. Sprache hrsg. Hommage à Goethe.

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  3. Brief vom 21.6.1794, in: Johann Gottlieb Fichte. Briefwechsel 1793–1795. Hrsg. von Reinhard Lauth u. Hans Jacob unter Mitwirkung von Hans Gliwitzky u. Manfred Zahn. Stuttgart-Bad Cannstatt 1970, S. 143.

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  4. Gerechtigkeitshalber sei hier nachgetragen, daß dem hervorragenden Goethekenner und Politikwissenschaftler Ekkehart Krippendorff die trefflichsten Darstellungen von Goethes staatsmännischen Überzeugungen und Leistungen zu verdanken sind. Besondere Erwähnung verdienen in diesem Zusammenhang die im Suhrkamp und Insel Verlag erschienenen Bücher: Wie die Großen mit den Menschen spielen. Versuch über Goethes Politik (1988) und Goethe. Politik gegen den Zeitgeist (1999) sowie die Kap. Konfuzius in Weimar und Das Vorbild in: Schöpferische Unzufriedenheit. Ethische Politik von Sokrates bis Mozart (1999). Zu nennen ist hier auch E. Krippendorff: Leidenschaft aus Leiden an der Politik: 1785–1995, in: Das Pathos der Deutschen. Hg. von Norbert Bolz. München 1998. Bei allen diesen Publikationen geht es dem Verfasser darum, die politischen Einsichten Goethes für die Welt, in der wir leben, nutzbar zu machen. So liegt es in der Natur der Sache, daß seine Darstellungen auch außerordentlich Wichtiges zum Demokratie-Thema enthalten. Man kann nur wünschen, daß diese vorzüglichen Publikationen viele Leser und auch ihren Weg zu den deutschen Schulen und Universitäten finden. 10 Rede vom 3.6.1949 im Schauspielhaus Zürich zur Eröffnung der dortigen Goethe-Festwochen; am 13.5.1949 hatte Mann sie schon anläßlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde am Taylorian Institute in Oxford vorgetragen und auf englisch am 2.5.1949 als Goethe and Democracy im Coolidge Auditorium der Library of Congress in Washington. Die am 25.7.1949 in der Frankfurter Paulskirche und am 1.8.1949 im Deutschen Nationaltheater zu Weimar gehaltene Ansprache im Goethejahr 1949 (engl. u. d. T. Goethe’s Life and Work. In: Picture Post, London, 27.8. u. 3.9.1949) ist nicht damit identisch.

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  5. Hans Carossa: Wirkungen Goethes in der Gegenwart. Leipzig 1938, S. 22: „Wenn ich über alle Sender der Welt verkündige, daß in den Wanderjahren Sätze stehen […] von planetarischer Gültigkeit, Aussprüche, durch welche unsere Erde schöner, das Menschengeschlecht ehrwürdiger geworden ist, so werden mir vielleicht einige Tausende zuhören; wenn ich aber, über die nämlichen Sender hin, Goethe einer dunklen Tat bezichtige, so spitzen sich augenblicklich Millionen Ohren. Vortreffliche Männer haben immer wieder Zeit und innigen Fleiß geopfert, um die Lauterkeit von Goethes Charakter zu erweisen und das Unwahre der gegen ihn berichteten Vorwürfe darzutun. Sie verdienen den Dank der Nation; aber für uns, die wir Goethes innere Geschichte kennen, für uns wäre keine Ehrenrettung nötig […] Geistreiche Wendungen ersinnen oder handfeste Versgebäude zimmern, dies kann auch ein Talent mit gemischtem Alltagsgewissen; aber jene Höhen, wo der tiefste Sinn, die strengste Satzung als freies Lied erklingen, die erfliegt keine Dichterseele, die sich ihr Saitenspiel durch finstere, tückische Gedanken beschwert hat […] und wer berufen war, die Orphischen Urworte zu schreiben oder die Selige Sehnsucht, wer die Gesichte und Gesänge des Zweiten Faust im Herzen trug, der durfte nie auch nur eine Sekunde lang dem sinnlos Bösen hörig sein“.

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Mommsen, K. (2000). Goethe und unsere Zeit. In: Keller, W. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02710-8_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-02710-8_4

  • Publisher Name: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-7400-1120-8

  • Online ISBN: 978-3-476-02710-8

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