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Goethes Farbenlehre und Morphologie in den Naturwissenschaften des 20. Jahrhunderts

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Goethe-Jahrbuch
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Zusammenfassung

Die provozierende Rede des Berliner Physiologen Emil Du Bois-Reymond (1818–1896), der 1882 Goethes Naturforschung öffentlich als „totgeborene Spielerei eines autodidaktischen Dilettanten“1 tituliert hatte, wirkte keineswegs so abschreckend wie gehofft, — im Gegenteil, die von Bratranek seit den 70er Jahren herausgegebene, naturwissenschaftliche Korrespondenz2, die das weitverzweigte Kommunikationsnetz Goethes nicht nur mit den Poeten, sondern auch mit den führenden Gelehrten aller Wissenschaften offenbarte, intensivierte das Interesse an Goethe als Naturforscher. Zudem sorgten die Eröffnung von Goethes Nachlaß Ende des 19. Jahrhunderts und die damit verbundene neue Edition der naturwissenschaftlichen Schriften für den Abbau des verbreiteten Vorurteils, Goethe habe sich nur am Rande und sporadisch mit den Naturwissenschaften beschäftigt.

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Notizen

  1. Franz Thomas Bratranek (Hrsg.): Goethes naturwissenschaftliche Korrespondenz 1812–1832. 2 Bde. Leipzig 1874.

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  2. Günter Schmid: Goethe und die Naturwissenschaften. Eine Bibliographie. Hrsg. im Namen der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinisch Deutschen Akademie der Naturforscher von Emil Abderhalden. Halle/Saale 1940.

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  3. Frederick Amrine: Goethe in the History of Science. 2 Bde. New York 1996.

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  4. Zur Rezeptionsgeschichte vgl. die grundlegende Dokumentation von Karl Robert Mandelkow (Hrsg.): Goethe im Urteil seiner Kritiker. Dokumente zur Wirkungsgeschichte Goethes in Deutschland. Bd. 3 (1870–1918), Bd. 4 (1918–1982). München 1979–1984 sowie die Kommentare desselben Autors: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassiker. 2 Bde. München 1980–1989. Der von Alexej Ugrinsky hrsg. Band Goethe in the twentieth century. New York 1987 nimmt nur am Rande Bezug auf die Naturwissenschaften, grundsätzliche Überlegungen zum Thema enthält das von Frederick Amrine, Francis J. Zucker u. Harvey Wheeler edierte Werk Goethe and the sciences: a reappraisal. Dordrecht u. a. 1987.

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  5. Zur Wirkungsgeschichte und zum Problem der Aktualisierung vgl. den von Peter Matussek hrsg. Sammelband Goethe und die Verzeitlichung der Natur. München 1998. Die Wirkungssgeschichte der Morphologie behandelt Dorothea Kuhn in ihrem Beitrag „In Naturerscheinungen verstrickt“. Goethes morphologisches Spätwerk und seine Wirkung. In: GJb 114 (1997), S. 175–184.

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  6. Vgl. auch Hermann von Helmholtz’ Rede: Ueber Goethes naturwissenschaftliche Arbeiten. Vortrag gehalten zu Königsberg 1853. In: Vorträge und Reden von Hermann von Helmholtz. Bd. 1, Braunschweig 41896, S. 23–47. — Ders.: Goethe’s Vorahnungen kommender naturwissenschaftlicher Ideen. Rede, gehalten in der Generalversammlung der Goethe-Gesellschaft zu Weimar den 11. Juni 1892. In: Deutsche Rundschau 18 (1892), S. 115–132.

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  7. Otto Meyerhof: Über Goethes Methode der Naturforschung. In: Abhandlungen der Fries’schen Schule. N.F. Bd. 3, Göttingen 1912, S. 383–437.

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  8. Zum Streit um Goethe als Vorläufer Darwins vgl. Manfred Wenzel: Goethes Naturforschung und die Evolutionstheorie Darwins. In: Oldenburger Jb. 87 (1987), S. 317–355.

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  9. Houston Stewart Chamberlain: Goethe. München 1912, 51931 (Neudruck 1932).

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  10. Houston Stewart Chamberlain: Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts. 2 Bde., München 11899. München 271941 (= 1246 S.).

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  11. Chamberlains populäre Rassentheorie wurde zusammen mit den Rassenlehren Gobineaus und Schemanns der ideologische Bezugsrahmen des Antisemitismus der Nationalsozialisten, vgl. dazu Peter Weingart, Peter Jürgen Kroll, Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. Frankfurt/M. 1988, S. 99, 103, 161, 373, 376 f, 559.

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  12. Vgl. auch die vernichtende Kritik aus philologischer Sicht von Harry Mayne in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 5 (1913), S. 646–659.

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  13. Andreas Speiser: Goethes Farbenlehre. In: Ders.: Die mathematische Denkweise. Zürich u.a. 1932, S. 88–97.

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  14. Ernst Cassirer: Goethe. In: Freiheit und Form. Studien zur deutschen Geistesgeschichte. Berlin 1916. Ders.: Goethe und die mathematische Physik. Eine erkenntnistheoretische Studie. In: Idee und Gestalt. Goethe, Schiller, Hölderlin, Kleist. Berlin 1921, S. 19–76. Vortrag, gehalten am 5.5.1941 in der Gesellschaft für kulturelle Zusammenarbeit in Budapest, erstmals gedruckt unter dem Titel Die Goethesche und die Newtonsche Farbenlehre im Lichte der modernen Physik. In: Geist der Zeit 19 (1941), H. 5, S. 261–275;

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  15. die Rede erschien auch im Sammelband: Werner Heisenberg: Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft. Sechs Vorträge. Leipzig 41943, S. 58–76.

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  16. Gernot Böhme: Ist Goethes Farbenlehre Wissenschaft? In: Ders.: Alternativen der Wissenschaft. Frankfurt/M. 1980, S. 123–153.

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  17. Günter Altner: Die Überlebenskrise in der Gegenwart: Ansätze zum Dialog mit der Natur in Wissenschaft und Theologie. Darmstadt 1987; Ders: Naturvergessenheit: Grundlagen einer umfassenden Bioethik. Darmstadt 1991, S. 147–153.

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  18. Adolf Portmann: Goethe und der Begriff der Metamorphose. In: GJb 90 (1973), S. 11–21. Ders.: Biologie und Geist. Frankfurt/M. 1973.

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  19. Hans Wohlbold (Hrsg.): Goethes Farbenlehre. Jena 1928, Geleitwort S. 122;

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  20. vgl. auch Wohlbolds Deutung der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes aus anthroposophischer Sicht in seinem Beitrag: Die Naturerkenntnis im Weltbild Goethes. In: GJb 13 (1927), S. 1–46.

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  21. Gottfried Benn: Goethe und die Naturwissenschaften. In: Die neue Rundschau 43 (1932), S. 463–490 (= Sämtliche Werke. Bd. 3, Prosa 1, Stuttgart 1987).

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  22. Zu Benns Verständnis Goethes vgl. Walter Müller-Seidel: Goethes Naturwissenschaft im Verständnis Gottfried Benns. Zur geistigen Situation am Ende der Weimarer Republik. In: Zeit der Moderne. Zur deutschen Literatur von der Jahrhundertwende bis zur Gegenwart. Hrsg. von Hans-Hendrik Krummacher, Fritz Martini und Walter Müller-Seidel. Stuttgart 1984, S. 25–53.

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  23. Gottfried Benn: Briefe an EW. Oelze 1932–1945. Hrsg. von Harald Steinhagen und Jürgen Schröder. Vorwort von F. W. Oelze. Bd. 1. Frankfurt/M. 1979;

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  24. der Band enthält zahlreiche Anspielungen Benns auf Goethes Werke; Benns umfassende Goethekenntnis bestätigt auch Nico Rost: Meine Begegnungen mit Gottfried Benn. In: Gottfried Benn: Den Traum alleine tragen. Neue Texte, Briefe, Dokumente. Hrsg. von Paul Raabe und Max Niedermayer. München 1969, S. 41–61.

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  25. Gottfried Benn: Doppelleben. München 1967, S. 106.

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  26. Friedrich Wilhelm Oelze: Erinnerung an Gottfried Benn. In: Benn (1979) (Anm. 32), S. 7–22.

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  27. Adolph Hansen: Die sachlichen und philosophischen Grundlagen von Goethes Morphologie (Metamorphose der Pflanzen und Osteologie) zugleich ein Beitrag zur Kritik der morphologischen Begriffsbildung. In: Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde Bd. 7 (N. F.) (1916–1919), S. 1–200. Ders.: Goethes Metamorphose der Pflanzen. Gießen 1907. Nach Hansens Ansicht hat zwar die Hypothese zu einer „Fülle von neuen Erfahrungen über die Organbildung am Vegetationspunkt“ geführt, doch auch er hält eine chemisch-mechanische Begründung der Metamorphoselehre für notwendig.

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  28. Hinweise bei Gisela Nickel: Wilhelm Troll (1897–1978). Eine Biographie. Acta historica Leopoldina Nr. 25, Halle/Saale 1996, S. 31.

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  29. Im Gegensatz zur phylogenetischen und Evolutionsmorphologie suchten die Anhänger dieser Richtung nicht nach den evolutiven Prozessen, die im Sinne der Theorie Darwins für das Abweichen der Nachfahren von einem gemeinsamen Vorfahren verantwortlich waren, sondern nach bestimmten Urformen oder Idealtypen, auf die sich die beobachtete Variabilität der Organismen zurückführen ließ; vgl. die Verteidigung der morphologischen Methode gegenüber „deszendenztheoretischer Bevormundung“ durch Wilhelm Troll in dessen Aufsatz Aufgaben und Wege morphologischer Forschung in der Botanik. In: Wilhelm Troll: Vergleichende Morphologie der höheren Pflanzen. Bd. 1, Teil 1, Berlin 1937, Einleitung.

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  30. Zur Kontroverse zwischen „alter“ und „neuer“ Morphologie vgl. Theo Eckardt: Vergleichende Studie über die morphologischen Beziehungen zwischen Fruchtblatt, Samenanlage und Blütenachse bei einigen Angiospermen. Zugleich als kritische Beleuchtung der „New Morphology“. In: Neue Hefte zur Morphologie 3 (1957) S. 11–91

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  31. Karl Lothar Wolf, Wilhelm Troll: Goethes morphologischer Auftrag. In: Botanisches Archiv 41 (1940), S. 1–71, hier: S. 2. Für die „Wiedergeburt der Morphologie aus dem Geiste deutscher Wissenschaft“ als Heilmittel gegen ihre Zersetzung durch das mechanistische Denken plädierte Troll nachdrücklich auch in dem gleichnamigen Aufsatz in der Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft. Bd. l (1935/36), S. 349–356.

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  32. Vgl. Ute Deichmann: Biologen unter Hitler. Porträt einer Wissenschaft im NS-Staat. Frankfurt/M. 1995, S. 106 f., 320.

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  33. Philippp Lenard: Deutsche Physik. 4 Bde. München 1936–1937.

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  34. Vgl. Steffen Richter: Die „Deutsche Physik“. In: Herbert Mehrtens, Steffen Richter (Hrsg.): Naturwissenschaft, Technik und NS-Ideologie. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte des Dritten Reichs. Frankfurt/M. 1980, S. 116–140.

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  35. Karl Jaspers: Unsere Zukunft und Goethe. In: Die Wandlung 2 (1947), S. 559–578; wieder abgedruckt in: Karl Robert Mandelkow: Goethe im Urteil seiner Kritiker. Bd. 4, München, S. 288–303.

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  36. Zu Entstehung und Aufbau der Ausgabe vgl. Dorothea Kuhn: Erfahrung, Betrachtung, Folgerung durch Lehensereignisse verbunden. Zur Geschichte der Leopoldina-Ausgabe von Goethes Schriften zur Naturwissenschaft. In: Zur Edition naturwissenschaftlicher Texte der Goethezeit. In: Acta historica Leopoldina Nr. 20 (1992), S. 11–20.

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  37. Karl Robert Mandelkow: Goethe in Deutschland. Bd. 2: Rezeptionsgeschichte eines Klassikers 1919–1982. München 1989, S. 249 f.

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Müller, I. (2000). Goethes Farbenlehre und Morphologie in den Naturwissenschaften des 20. Jahrhunderts. In: Keller, W. (eds) Goethe-Jahrbuch. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02710-8_20

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