Zusammenfassung
In jüngerer Zeit richtet sich das mediengeleitete Interesse nicht selten auf Phänomene, die mit der widersprüchlich-traditionalistischen Seite von Frauenemanzipation zu tun haben: Nehmen wir etwa Glanz und Tragik von Prinzessin Diana, die als Märchenprinzessin des alten Stils vom Thronfolger ›erwählt‹ und in die Lage versetzt wurde, durch treuherzig-subversives Einfordern ihres Glücksanspruchs als Ehefrau gegen die zynische Doppelmoral und die Steifheit des Königshauses zu rebellieren. Denken wir auch an die Situation von Hillary Clinton, die nicht durch ihre politischen Aktivitäten, sondern erst als stoisch loyale, betrogene Ehefrau Wertschätzung — sogar von ihren Gegnern — erfährt und auf diese Weise Rückhalt gewinnt, um eine eigene politische Karriere zu versuchen, die sie — so hoffen wiederum vor allem Feministinnen mit ihr — aus dem Schatten ihres Ehemannes trägt. Auch das Beispiel der anderen Frauenfigur in der Clinton-Affäre,1 Monica Lewinsky, illustriert, daß sogar peinliches Backfischverhalten in klassisch weiblicher Subordination (›Der mächtigste Mann der Welt und die junge Praktikantin‹) zu — wenn auch — fragwürdigem Weltruhm führen und eine ernsthafte Staatskrise der führenden Weltmacht auslösen kann, während eine solche öffentliche Aufmerksamkeit wohl kaum einer Frau zuteil würde, die sich durch ernsthafte Leistungen, aufrechten Protest auszeichnet. Die Genannten lassen sich insofern als ›Grenzgängerinnen‹ verstehen, als sie die Grenzen der traditionellen Frauenrolle zwar bereits überschritten haben, und sei es auch nur im Wege des Skandals, jedoch gerade wegen eines Rückgriffs auf Elemente der klassischen Frauenrolle ungeahnte Aufmerksamkeit erlangen und dabei die öffentlichen Varianten weiblichen Daseins umdefinieren bzw. um neue — oder auch uralte — Spielarten erweitern.
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Anmerkungen
EMMA: Die Kopftuchlüge. Ausgabe vom Januar/Februar 1999, S. 62–67; hier S. 63.
Hilbk, Merle: Im Glauben eine Heimat finden. Die Lehramtsanwärterin Ludin kämpft sanft, aber beharrlich. Ihre Entschlossenheit wuchs mit den Anfeindungen. In: Die Zeit, 23.7.1998.
Vgl. Berghahn, Sabine: Staatliche Neutralität in Glaubensfragen. In: Gegenwartskunde, 4, 1995, S. 473–482.
Vgl. Hendrich, Geert: Teil einer authentischen Lebensform? Auch in der innerislamischen Diskussion wird um das Symbol »Schleier« gestritten. In: Frankfurter Rundschau vom 15.9.1998, Forum Humanwissenschaften.
Vgl. Wedel, Heidi: Politisch inszenierte Privatheit gegen »Staatsfeminismus«. Frauen in islamistischen Bewegungen der Republik Türkei. In: Brigitte Kerchner, Gabriele Wilde (Hg.): Staat und Privatheit. Aktuelle Studien zu einem schwierigen Verhältnis. Opladen 1997, S. 285–308.
Vgl. Mahrenholz, Ernst Gottfried: Darf die Schulverwaltung einer Schülerin das Tragen eines Schleiers in der Schule verbieten? In: Recht und Jugend und des Bildungswesens, 3, 1998, S. 287–303.
Vgl. Dammann, Klaus: Berufsverbote — ein neues Kapitel. Die Entscheidung des EGMR in Sachen Dorothea Vogt./.BRD. In: Ansprüche — Forum Demokratischer Juristinnen und Juristen, 4, 1995/96, Heft 1, S. 8–10.
Vgl. Badinter, Elisabeth: Kein Unterschied. In: EMMA, Ausgabe Januar / Februar 1999, S. 68–69
Vgl. Huntington, Samuel P.: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. München 1997.
Vgl. Spiewak, Martin/Uchatius, Wolfgang: Mit Koran und Grundgesetz. Wer unterwandert hier wen? Milli Görüs die deutsche Gesellschaft oder umgekehrt? In: Die Zeit, 4.2.1999.
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Berghahn, S. (2000). Die Lehrerin mit dem Kopftuch. In: Bettinger, E., Ebrecht, A. (eds) Querelles: Jahrbuch für Frauenforschung 2000. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01716-1_11
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