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Zur Geschichte der Verteilungsgerechtigkeit

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Theorien der sozialen Gerechtigkeit
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Zusammenfassung

In der gerechtigkeitstheoretischen Tradition des Aristotelismus unterscheidet man zwei Arten der Gerechtigkeit, die diorthotische Gerechtigkeit, die später als iustitia regulativa sive correctiva in commutatibus directiva bezeichnet wurde, und die dianemetische Gerechtigkeit, die iustitia distributiva. Die iustitia directiva ist eine ausgleichende, eine entschädigende Gerechtigkeit; und je nachdem ob die Ausgleichs- oder Entschädigungsverpflichtung einem Rechtsbruch oder einem Vertrag entspringt, nimmt die iustitia directiva die Gestalt einer iustitia correctiva oder einer iustitia commutativa an; erstere umfaßt alle obligationes ex delictu, letztere alle obligationes ex contractu. Die ausgleichende Gerechtigkeit verlangt die Erfüllung von Schuldigkeitspflichten, officia debiti. Die Erfüllung einer Schuldigkeitspflicht macht „eine Verbindlichkeit, die da war, ungeschehen”.1 Schuldigkeiten sind „negative Größen”, Mängel, die durch entsprechende Leistungen auszugleichen sind. Unrecht ist im Lichte der iustitia directiva einer Gleichgewichtsstörung vergleichbar, die nach einer Restabilisie-rung verlangt. Kant hat für diesen Gerechtigkeitstyp darum auch die folgende Formel gefunden: „-a+a=0“. Die iustitia directiva hat keine eigenen Prinzipien; sie will nicht die vorliegende Ordnung des Rechts verbessern, sondern nur ihre Schäden ausbessern. Die Verbindlichkeit des positiven Rechts gibt ihr normativen Rückhalt; sie verlangt von den Bürgern nicht mehr als das, was das Recht bereits selbst von ihnen verlangt. Die ihr eingeschriebene Wohlordnung ist der status quo; und ihr Ideal ist ihre eigene Überflüssigkeit.

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Kersting, W. (2000). Zur Geschichte der Verteilungsgerechtigkeit. In: Theorien der sozialen Gerechtigkeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-01668-3_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-01668-3_2

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01752-9

  • Online ISBN: 978-3-476-01668-3

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