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Heine und Puškin

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Zusammenfassung

Es ist gewiss ein Sonderfall in der Geschichte der europäïschen Literatur, dass ein deutscher Dichter in eine anderssprachige Literatur geradezu einverleibt wurde, zumindest zeitweise. Russische Autoren der Romantik, des Realismus, de Symbolismus, der Avantgarde und des Sozialistischen Realismus haben jeweils andere Facetten des Heine’schen Werks in ihren Übertragungen hervortreten lassen, wobei Heines Kunst der Überschreitung von Stil- und Gattungsgrenzen, Sarkasmus und Ironie in eine von Puskin und seinem Kreis bestimmte Literaturszene integriert werden konnten. Puskin, der Stil- und Gattungsgrenzen Überschreitende Erneuerer der russischen Literatur, Autor von Liebesgedichten, eines Romans in Versen, pointierter Gesellschaftskritiker, ein Wortspieler, Gotteslästerer und Spötter, lässt sich nicht von ungefähr als ein ‹Verwandter› Heines sehen. Man könnte hier vom Phänomen einer »Konkurrenz« zwischen einem eigenen russischen Autor und einem fremden, übersetzten Autor sprechen, deren Rezeption quasi parallel verlief. Heines Bruder Maximilian, der als Militärarzt in Russland Karriere machte, in höheren russischen Kreisen verkehrte und auch die Literatur zur Kenntnis genommen hat, schreibt seinem Bruder Heinrich 1830 aus Moldawien, »Es giebt im Russischen einen Dichter, Puschkin, der außerordentliche Aehnlichkeit mit Dir hat. Seine Werke sind wirklich ungemein schön geschrieben und ganz originell. »Er ist Deiner Beachtung werth.«(HSA XXIV, 67)1

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Anmerkungen

  1. Vgl. dazu die Darstellung von Frank Stelzner: Dr. med. Maximilian von Heine (1806 bis 1879). Ein Arzt zwischen Deutschland und Russland. Diss. masch. Leipzig 2004. Über Maximilian Heine und die russische Literatur vgl. Christian Liedtke: Maximilian Heines literarische Russland-Ansichten. — In: Russkij Gejne. Der russische Heine. Russlands Blick auf Heinrich Heine. Hrsg. von Bernd Kortländer und Ursula Roth. Düsseldorf 2011, S. 73–85.

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  2. Zitiert nach: E. E. Najdič: Pis’mo Puškina k Gustavu Nordinu. — In: A. Puškin: Issledovaniia i materialy. ANSSSR. Moskau, Leningrad 1958, Bd. II, S. 217–223.

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  3. Aleksandr Puškin: Polnoe sobranoe sočinenij v desjati tomach. Moskau 1956–58. Bd. II, 205.

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  4. Zu Lebens- und Werkgeschichte vgl. Reinhard Lauer: Aleksandr Puškin. Eine Biographie. München 2006. Erste französische Übersetzungen erscheinen 1823, es sind Auszüge aus »Ruslan und Ljudmila«, 1826 wird »Bachčisarajskij fontan« [»Die Fontäne von Bachtschisarai«] übersetzt. Bekannter werden die Prosaübersetzungen, die Prosper Mérimé in den 30er Jahren vorlegt. Trotz enthusiastischer Beurteilung des »Génie de Pouchkine« hält sich der Topos der Unübersetzbar-keit »Pouchkine intraduisible≪.

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  5. Vgl. German Ritz: 150 Jahre russische Heine-Übersetzung. Bern u. a. 1981. Ritz hat die Rezeptionsstufen im Kontext poetologischer Konzepte rekonstruiert und die Heine-Über-setzungen von ihren Anfängen bis in die sowjetische Zeit in seiner grundlegenden Studie ana-lysierend vorgestellt. Zur Heine-Rezeption vgl. auch die umfangliche Geschichte der einzelnen Rezeptionsschübe bei Jakov I. Gordon: Gejne v Rossü. Bd. 1–3. Dušanbe 1973–1983 (deutsche Teilübersetzung: Ders.: Heine in Rußland 1830–1860. Aus dem Russischen von Eva-Marie Fiedler. Hamburg 1982). Eine Bibliographie der russischen Übersetzungen und der kritischen Literatur in russischer Sprache gibt A. G. Levinton: Genrich Gejne. Bibliografija russkich perevodov i kritičeskoj literaturv na russkom iazvke. Moskau 1958.

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  6. Zu Strafversetzung und Verbannung vgl. Reinhard Lauer: Aleksandr Puškin. Eine Bio-graphie. München 2006, S. 98ff.

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  8. Die relevanten Texte wurden zusammengestellt und kommentiert von Erika Windfuhr: Aspekte gesellschaftlicher Emanzipation. — In: Gesellschaftskritik im Werk Heinrich Heines. Ein Heine-Lesebuch. Hrsg. von Hedwig Walwei-Wiegelmann. Paderborn 1974, S. 39–.

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  9. Jurij Tynjanov hat die Genese des Genres Essay für die russische Literatur in Puškins Texten aufgedeckt. Vgl. Jurij Tynjanov: Archaisty i novatory [Archaisten und Neuerer]. 1929. Nachdruck hrsg. von Dmitrij Tschižewskij. München 1967, S. 228–291.

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  10. Vgl. meine Interpretation des Gedichts in dem Kapitel »Intertextualität als Gedächt-nishandlung: Puškins Horaz-Transposition« in Renate Lachmann: Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne. Frankfurt a. M. 1990, S. 303–353.

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  13. Ich halte mich hier an den Kommentar in Heinrich Heine: Deutschland. Ein Winter-märchen. Mit einem Kommentar von Joseph A. Kruse, Christian Liedtke und Marianne Tilch. Frankfurt a. M. 2010. Im Anfangsteil geht der Kommentar auf den Anspielungsreichtum des Heine’schen Textes ein — auch hierzu gibt es ein Pendant in Puškins Versroman. Vladimir Nabokov hat zu »Eugen Onegin« einen fast 2000 Seiten umfassenden Kommentar verfasst, um den Verästelungen der Allusionen auf Gesellschaftliches, Politisches, Kulturelles, Historisches nachzukommen.

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  14. Vgl. Fedor I. Tjutčev: Im Meeresrauschen klingt ein Lied. Ausgewählte Gedichte. Russisch und Deutsch. Hrse. und übersetzt von Ludolf Müller. Dresden 2003.

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  17. Jurij Tynjanov: Problema stichotvornogo jazyka. [Das Problem der Verssprache]. Lenin-grad 1924.

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  18. Reinhard Lauer: Der » russische Heine« oder Der Dichter als Kunstwerk. — In: Deutsch-land und Rußland. Aspekte kultureller und wissenschaftlicher Beziehungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Hrsg. von Dittmar Dahlmann und Wilfried Potthoff. Wiesbaden 2004, S. 59— 94. Reinhard Lauer hat in seinem Artikel nicht nur Rezeptionsetappen des Heine’schen Werks dargestellt, sondern auch der Heineparodie besondere analytische Aufmerksamkeit gewidmet und diese erstmalig als Genre profiliert.

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  19. In: Innokentij F. Annenskij: Kniga Otraženij. Moskau 1979.

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  20. Vgl. Heinrich Heine: Gedichte aus dem Buch der Lieder in Übersetzungen russischer Dichter des 19. und 20. Jahrhunderts. Hrsg. von Regine Dehnel und Tamara Kazakowa. Berlin 2006, S. 49, 143, 109, 125.

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  21. Aleksandr Blok: Gejne v Rossii. — In: Ders.: Sobranie sočinenj. Moskau, Leningrad 1962, Band 6, S. 115–128.

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  23. Boris Pasternak: Der Strich des Apelles (Il tratto di Apelle). Aus dem Russischen von Felix Philipp Ingold. St. Gallen 1990, S. 16. Den Hinweis auf diesen Text verdanke ich der Münchener Slavistin Johanna Renate Döring.

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Lachmann, R. (2012). Heine und Puškin. In: Brenner-Wilczek, S. (eds) Heine-Jahrbuch 2012. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00815-2_4

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