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Einleitung: Martin Walser „revisited“

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»Auschwitz drängt uns auf einen Fleck«

Zusammenfassung

Dass diese Arbeit Walser-kritisch auftritt, wird bereits anhand der Gliederung des Materials im Inhaltsverzeichnis sowie den thesenhaft zugespitzten Kapitelüberschriften deutlich. Gleichwohl ist die Motivation für diese kritische Auseinandersetzung keineswegs, den Menschen Martin Walser zu beschädigen, herabzusetzen oder zu kränken - wobei klar ist, dass dies aus Sicht des Betroffenen trotz der eben erklärten Absicht gar nicht ausbleiben kann. Vielmehr soll anhand der Schriften Walsers exemplarisch aufgezeigt werden, was Klaus Briegleb vermutet, aber nicht philologisch genau belegt hat: dass es literarischen Antisemitismus in der bundesrepubhkanischen Nachkriegszeit und Gegenwart gab beziehungsweise gibt, und dass dieser gerade in der auf einem antifaschistischen Konsens gegründeten Gruppe 47 einen Ort hatte.1 Walser ist der alleinige Untersuchungsgegenstand, wird aber als Beispiel für eine Geisteshaltung angesehen, die längst vor und neben ihm existiert(e). Dieser Autor eignet sich besonders für diese Herangehensweise, weil er als Schriftsteller und Intellektueller symptomatisch für seine Generation steht: Er gehört einerseits der sogenannten Flakhelfergeneration an, die wie keine andere Generation im „Dritten Reich” sozialisiert wurde, aber für eigene Täterschuld zu jung ist. Andererseits ist Walser ein prominenter Vertreter der jüngeren Mitglieder der Gruppe 47, dieser bis heute wichtigsten Schriftstellervereinigung der Bundesrepublik. Walser steht mit seiner persönlichen und schriftstellerischen Biografie stellvertretend für jene Nachkriegsintellektuellen, die mit dem Anspruch antraten, das bessere Deutschland zu sein.

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Notizen

  1. Ruth Klüger: „Siehe doch Deutschland”. Martin Walsers „Tod eines Kritikers”, in: FR 27.06.2002.

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  2. So lautet der Vorwurf Wolfgang Schneiders gegen Yahya Elsaghe, den Verfasser der Studie Die imaginäre Nation. Thomas Mann und das ‚Deutsche’, München: Fink, 2000 (vgl. Schneider 2002, S. 36).

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  3. Vgl. Andreas Weihe: Zum Amerikabild Martin Walsers, Diss. Waterloo [Canada] 1986, zit. n. Maack 1996, S. 180.

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  4. Sibylle Maus: Die Frauen sind wichtiger als die Männer, in: Stuttgarter Nachrichten 10.03.1978, zit. n. Deboeser at al. 1988, S. 222.

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  5. Mechthild Bornes vermutet: „Offensichtlich hatte sich in den dazwischenliegenden Jahren ein Wandel des Geschichtsbewußtseins vollzogen, der sich in dieser ablehnenden Reaktion spiegelt.” (Borries 1995, S. 31).

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  6. Vgl. Helmut Schmitz’ Rezension von Walsers Friedenspreis-Rede in der Frankfurter Rundschau vom 12.10.1998: Sich seines Gewissens vergewissern, in: Schirrmacher 1999b, S. 30ff.

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  7. Silvio Vietta: Laudatio. Identität und Schreiben, in: Vietta 1996, S. 18.

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  8. Auch Anthony E. Warne unterstellt, dass der frühe Walser „eine stark lehrhafte Tendenz” (Warne 1980, S. 51) habe.

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  9. Ernst-Günter Kautz kritisiert: „Walser hat noch nicht jenen Punkt erreicht, von dem aus er politisch oder künstlerisch eine soziale Alternative zu formulieren wüßte, […].” (Kautz 1969, S. 98).

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  10. Für Werner Brändie ist ein Walser-Stück umso besser, desto politischer es ist: „Die ästhetische Qualität der Stücke Walsers resultiert daraus, wie stark die gesellschaftlich und subjektiv ermittelten ‘Variationen’ ihre, Gegenposition zur Gesellschaft’ zum Ausdruck bringen.” (Brandie 1978, S. 8).

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  11. Daniel Vernet: L’Allemagne littéraire divisée par le cas Walser, in: Le Monde 02.07.2002, S. 27.

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  12. Reich-Ranicki 1996, S. 135./Auch der Walser sehr viel gewogenere Jörg Magenau konstatiert wiederholt, dass Walsers Figuren Sprachrohr ihres Schöpfers seien: „Walsers Figuren sind Handpuppen, denen er als Bauchredner seine Stimme leiht. Das hat zur Konsequenz, daß sie alle so klingen wie er selbst.” (Magenau 2005, S. 525).

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  13. Vgl. Reinhardt 2003, S. 133. / Auch Jabłkowska ist der Auffassung, die Figurenrede in „Ohne einander” wirke „stellenweise wie einem Walser-Aufsatz entnommen” (Jablkowska 2001, S. 262f.). Als Beispiel nennt sie MW: Reise i. Leben (1988).

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  14. Bernd Neumann: Die Wiedergeburt des Erzählens aus dem Geist der Autobiografie? Einige Anmerkungen zum neuen autobiografischen Roman am Beispiel von Hermann Kinders „Der Schleiftrog” und Bernward Vespers „Die Reise”, in: Basis 9 (1979), S. 94, zit. n. Sill 1991, S. 11.

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Lorenz, M.N. (2005). Einleitung: Martin Walser „revisited“. In: »Auschwitz drängt uns auf einen Fleck«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00163-4_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00163-4_1

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02119-9

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