Zusammenfassung
In seiner Abhandlung ›Über naive und sentimentalische Dichtung‹ bringt Friedrich Schiller einen Begriff der »Kultur« in Anschlag, dessen Transparenz zugleich dessen Endlichkeit impliziert und ein Feld gegensätzlicher Bedeutungen eröffnet: »der Zweck der Idylle« liege darin, heißt es, »den Menschen im Stand der Unschuld, d.h. in einem Zustand der Harmonie und des Friedens mit sich selbst und von außen darzustellen.«
Hold it a fashion and a toy in blood,
A violet in the youth of primy nature,
Forward, not permanent, sweet, not lasting,
The perfume and suppliance of a minute, No more.
(William Shakespeare, ›Hamlet‹)
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Anmerkungen
Friedrich Schiller, Über naive und sentimentalische Dichtung. In: Ders., Sämtliche Werke in fünf Bänden, Bd. 5: Philosophische und Vermischte Schriften, München 1975, S. 433–517, hier S. 483f.
Schiller, Dichtung (wie Anm. 1), S. 484. Zur zeitgenössischen Gattungspoetik vgl. Gottfried Willems, Das Konzept der literarischen Gattung. Untersuchungen zur klassischen deutschen Gattungstheorie, insbesondere zur Ästhetik F. Th. Vischers, Tübingen 1981, bes. S. 231–242.
Immanuel Kant, Der Streit der Fakultäten. In: Ders., Werkausgabe, Bd. 11, hg. von Wilhelm Weischedel, Frankfurt a.M. 1993, S. 261–393, hier S. 357. Kants Beispiel eines »Geschichtszeichen[s]« ist die Französische Revolution (S. 357–360); Schillers Umdeutung dieses politischen Befunds in eine ästhetische Konstellation läßt sich bekanntermaßen auch den Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen ablesen. Vgl. ferner zur gegenwärtigen Theoriebildung, die von Kants Begriff ausgeht: Geschichtszeichen, hg. von Heinz Dieter Kittsteiner, Köln u.a. 1999.
Zur Fortführung dieser Denkfigur vgl. Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern 1948, S. 189–207.
Vgl. zum Problemfeld der »Mode« in den Texten Kleists den Überblick von John Hibberd, Paris Fashions in Kleist’s ›Berliner Abendblätter‹. In: Modern Language Review 94 (1999), Nr. 1, S. 122–131;
sowie die kurze Darstellung von Hilda M. Brown, Mädchen und Mode bei Kleist. In: Resonanzen. Festschrift Hans Joachim Kreutzer, hg. von Sabine Doering u.a., Würzburg 2000, S. 283–290.
Auf der Grundlage dieser Konstellation erst entstehen »Paradoxie, Widerspruch und Ambivalenz«, die Bianca Theisen als grundlegende Figuren der Poetik Kleists markiert. Vgl. Bianca Theisen, Paradoxien des Lesens. In: Heinrich von Kleist. Neue Wege der Forschung, hg. von Inka Kording und Anton Philipp Knittel, Darmstadt 2003, S. 111–130.
Vgl. allgemein zur Geschichte von ›Nacktheit‹ und ›Wahrheit‹ neben Hans Blumenberg, Paradigmen zu einer Metaphorologie, Frankfurt a.M. 1998, S. 61–76; Mario Perniola, Between Clothing and Nudity. In: Fragments for a History of the Human Body. Part Two, hg. von Michel Feher, New York 1989, S. 237–265.
Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen. In: Ders., Werkausgabe, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1999, S. 225–580, hier S. 373. Vgl. dazu: Mit Sprache spielen. Die Ordnungen und das Offene nach Wittgenstein, hg. von Hans Julius Schneider und Matthias Kroß, Berlin 1999.
Es gilt auch hier, was de Man im Blick auf die Metapher festhielt: »Rhetorik ist an sich keine historische, sondern eine epistemologische Disziplin.« Paul de Man, Epistemologie der Metapher. In: Theorie der Metapher, hg. von Anselm Haverkamp, Darmstadt 21996, S. 414–437, hier S. 436.
Vgl. dazu auch Manfred Schneider, Die Inquisition der Oberfläche. Kleist und die juristische Kodifikation des Unbewußten. In: Heinrich von Kleist. Kriegsfall — Rechtsfall — Sündenfall, hg. von Gerhard Neumann, Freiburg 1994 (Litterae; 20), S. 107–126; sowie allgemein zur vielschichtigen Metapher der ›nackten Wahrheit‹ Blumenberg, Paradigmen zu einer Metaphorologie (wie Anm. 14), S. 61–76.
SW9 II, 341f. (›Über das Marionettentheater‹). Vgl. allgemein Jean-Claude Beaune, The Classical Age of Automata. An Impressionistic Survey from the Sixteenth to the Nineteenth Century. In: Fragments of the History of the Human Body. Part One, hg. von Michel Feher, New York 1989, S. 431–480.
Zur Geschichte der Physiognomik vgl. Johannes Saltzwedel, Das Gesicht der Welt. Physiognomisches Denken in der Goethezeit, München 1993, zu Lavater S. 55–144; zu Physiognomik und Körpersprache allgemein vgl. Leib-Zeichen. Körperbilder, Rhetorik und Anthropologie im 18. Jahrhundert, hg. von Rudolf Behrens und Roland Galle, Würzburg 1993.
Zur literaturgeschichtlichen Verortung dieser Poetik vgl. Conrad Wiedemann, »Supplement seines Daseins«? Zu den kultur- und identitätsgeschichtlichen Voraussetzungen deutscher Schriftstellerreisen nach Rom — Paris — London. In: Rom — Paris — London. Erfahrung und Selbsterfahrung deutscher Schriftsteller und Künstler in den fremden Metropolen, hg. Von Conrad Wiedemann, Stuttgart 1988 (Germanistische Symposien; VIII), S. 1–20; Manfred Beller, Typologica reciproca. Über die Erhellung des deutschen Nationalcharakters durch Reisen. In: ebd. S. 30–47.
»Aber erschrecken müssen Sie nicht, wenn Sie die Gestalten ein wenig mit Farben überladen und ein wenig grob gezeichnet finden« (SW9 II, S. 685). Vgl. zum Diskurs der ›Mode‹ und den darin gegebenen nationaltypologischen Stereotypen in zeitgenössischen populären Texten: York-Gothart Mix, Kulturpatriotismus und Frankophobie. Die Stereo-typisierung nationaler Selbst- und Fremdbilder in der Sprach- und Modekritik zwischen Dreißigjährigem Krieg und Vormärz (1648–1848). In: Arcadia 36 (2001), Nr. 1, S. 156–185; Ders., Nationale Selbst- und Fremdbilder in der Mode- und Alamodekritik des ›Hinkenden Boten‹ und anderer populärer Kalender des 18. Jahrhunderts. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der Literatur 26 (2001), Nr. 2, S. 56–71.
Vgl. SW9 II, 687 (Heinrich von Kleist an Louise von Zenge, 16. August 1801). Zur Bedeutungsfundierung von Luxus und Mode in den Befreiungskriegen vgl. Wolf Kittler, Die Geburt des Partisanen aus dem Geist der Poesie. Heinrich von Kleist und die Strategie der Befreiungskriege, Freiburg 1987, bes. S. 200f.
Ph. Carl Hartmann, Der Geist des Menschen in seinen Verhältnissen zum physischen Leben, oder Grundzüge zu einer Physiologie des Denkens. Für Ärzte, Philosophen und Menschen im höhern Sinn des Wortes, Zweyte, vom Verfasser selbst vermehrte Auflage [EA 1819], Wien 1832, S. 193f. Vgl. dazu auch den Brief Kleists an Marie von Kleist, Juni 1807: »Ach, es ist ein ermüdender Zustand dieses Leben, recht, wie Sie sagten, eine Fatigue. Erscheinungen rings, daß man eine Ewigkeit brauchte, um sie zu würdigen, und, kaum wahrgenommen, schon wieder von andern verdrängt, die ebenso unbegriffen verschwinden« (SW9 II, 783). Vgl. im Kontext dieser Selbstbeobachtungen die begriffsgeschichtliche Untersuchung von Erich Kleinschmidt, Die Entdeckung der Intensität. Geschichte einer Denkfigur im 18. Jahrhundert, Göttingen 2004.
Vgl. allgemein Reinhart Koselleck, Gibt es eine Beschleunigung der Geschichte? In: Ders., Zeitschichten. Studien zur Historik. Mit einem Beitrag von Hans-Georg Gadamer, Frankfurt a.M. 2000, S. 150–176.
Zur Begrifflichkeit vgl. Wolfgang Iser, Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie, Frankfurt a.M. 1993.
Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. In: Ders., Werkausgabe, Bd. 12, hg. von Wilhelm Weischedel, Frankfurt a.M. 1993, S. 395–690, hier S. 653 [meine Hervorhebung].
Jean-Jacques Rousseau, Emil oder Über die Erziehung, vollst. Ausgabe, in neuer Fassung besorgt von Ludwig Schmidts, Paderborn u.a. 1971, S. 403.
Roland Barthes, Die Sprache der Mode, übersetzt von Horst Brühmann, Frankfurt a.M. 1985, S. 18f.
Werner Sombart, Luxus und Kapitalismus, München und Leipzig 1922, S. 96.
Zum Diskurs der Mode im frühen zwanzigsten Jahrhundert vgl. neuerdings die motivgeschichtlich orientierte Arbeit von Julia Bertschik, Mode und Moderne. Kleidung als Spiegel des Zeitgeistes in der deutschsprachigen Literatur (1770–1945), Köln u.a. 2005.
Vgl. dazu Gesa von Essen, Römer und Germanen im Spiel der Masken. Heinrich von Kleists ›Hermannsschlacht‹. In: KJb 1999, S. 41–52; und zur literarischen Anverwandlung der Hermann-Mythe: Dies., Hermannsschlachten. Germanen- und Römerbilder in der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, Göttingen 1998. Das Buch enthält als weitgehend identisches Kapitel den angeführten Aufsatz aus dem Kleist-Jahrbuch.
Vgl. dazu Caroline Pross, Verschobene Anfänge. Bruch und Begründung in Kleists ›Hermannsschlacht‹, Arnims ›Die Vertreibung der Spanier‹ und Brentanos ›Viktoria und ihre Geschwister‹. In: KJb 2003, S. 150–164.
Vgl. die nahezu gleichlautenden Schlußfolgerungen von Alison Lewis, Der Zwang zum Genießen. Männliche Gewalt und der weibliche Körper in drei Prosatexten Kleists. In: KJb 2000, S. 198–222.
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Neumann, M. (2005). »Labyrinth des Luxus«. In: Blamberger, G., Breuer, I., Doering, S., Müller-Salget, K. (eds) Kleist-Jahrbuch 2005. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00148-1_16
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