Skip to main content

Ursprung, Probleme und Desiderate der neuzeitlichen Dialektik

  • Chapter
Weltentwurf und Reflexion
  • 318 Accesses

Zusammenfassung

Wenn Dialektik aus der Problemgestalt des begründenden (und also begründeten) Wissens — und das heißt neuzeitlich: des wissenschaftlichen Wissens — entspringt, dann werden in der Formulierung ihrer eigenen Probleme, die der dialektischen Theoriebildung spezifisch sind, der jeweilige Wissensstand und seine weltanschauliche Interpretation1 ihren Niederschlag finden. Bei Heraklit steht das Problem der Konstitution des Allgemeinen als eine besondere Realität gegenüber der unmittelbar erfahrenen Realität des Einzelnen im Mittelpunkt, bei Parmenides die Differenz zwischen notwendigem Denken von Identität und faktischer Gegebenheit des Nicht-Identischen, bei Zenon die Zuspitzung dieses Widerspruchs auf das Verhältnis von Bewegung und Ruhe; bei Platon schließlich fließen diese Probleme in einer allgemeinen Theorie der Dialektik von Einheit und Andersheit zusammen, die das erste Schema einer Dialektik-Konstruktion ist und als solches über Proklos und Nikolaus von Kues bis zu Schelling und Hegel weitergereicht wird. Im christlichen Mittelalter sind es die Inkompatibilitäten von Glauben und Wissen, die zur Dialektik in der Struktur der Gottesbeweise führen, oder die Widersprüche zwischen den auctoritates, die die Sentenzen-Sichtung des Petrus Lombardus und die schier unerschöpfliche Folge der Sentenzenkommentare provozieren.2

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Notizen

  1. Jean Paul Sartre hat diese Aufgabe der Integration der Wissensvielfalt durch die Philosophie unter dem Titel »totalisation« untersucht Kritik der dialektischen Vernunft, Hamburg 1967, S. 43 ff.

    Google Scholar 

  2. Vgl. Hans Heinz Holz, »Autorität, Vernunft und Fortschritt«, in: TOPOS 12, 1999, S. 79 ff.

    Google Scholar 

  3. Zum Sentenzen-Buch des Petrus Lombardus und der Kommentarliteratur vgl. Martin Grabmann, Geschichte der scholastischen Methode, Darmstadt 1956, Band II, S. 359 ff.

    Google Scholar 

  4. Thomas Hobbes, Leviathan, Hamburg 1996, S. 104.

    Google Scholar 

  5. Vgl. dazu Hermann Kienner, Das wohlverstandene Interesse, Köln 1998, S. 31 ff.

    Google Scholar 

  6. Gerit Manenschijn, Morad en eigenbelang hij Thomas Hobbes en Adam Smith, Amsterdam 1979.

    Google Scholar 

  7. Leo Strauss, Hobbes politische Wissenschaft, Neuwied/Berlin 1965.

    Google Scholar 

  8. Zu Galilei und Descartes siehe Hans Heinz Holz, Descartes, Frankfurt am Main/New York 1994.

    Google Scholar 

  9. Ders, Einheit und Widerspruch. Problemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit, Stuttgart/Weimar 1997, Band I, S. 105 ff.

    Book  Google Scholar 

  10. Zur Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit siehe Josef Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, Darmstadt 1958.

    Google Scholar 

  11. Vgl. dazu Eugenio Garin (Hrsg.), L’uomo del Rinascimento, Bari 1988.

    Google Scholar 

  12. Thorsten Bürklin, Balance und Krise, Hildesheim/Zürich/New York 1997.

    Google Scholar 

  13. Frank Deppe, Niccolò Macchiavelli Zur Kritik der reinen Politik, Köln 1987.

    Google Scholar 

  14. Es sei nur auf zwei Ansätze hingewiesen, die diesen wissenschaftsphilosophischen Umbruch programmatisch vollzogen: Rudolf Agricola, De inventione dialectica libri tres, Köln 1520.

    Google Scholar 

  15. Johann Heinrich Alsted, Encyclopaedia universa in Septem tomis distimia, Herborn 1630.

    Google Scholar 

  16. Zu Aisted vgl. Hans Heinz Holz, Säkulare Vernunft, Köln 2003, S. 32 ff.

    Google Scholar 

  17. Gesamthaft: Max Weber, »Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus«, in: Gesammelte Aufsätze zur Reägionssoziologie, Band 1, Tübingen 1920.

    Google Scholar 

  18. Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance, in: Gesammelte Werke, Band III, Darmstadt 1955, S. 89 f.

    Google Scholar 

  19. Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen, Tübingen 1927.

    Google Scholar 

  20. Hermann Kienner, Das wohlverstandene Interesse, Köln 1998, S. 9 ff.

    Google Scholar 

  21. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über Rechtsphilosophie, hrsg. von Karl-Heinz Ilting, Stuttgart 1973/74, vier Bände.

    Google Scholar 

  22. Zu den Aspekten der Vertragstheorie vgl. Hermann Kienner, Die Emanzipation des Bürgers, Köln 2002, S. 39 ff.

    Google Scholar 

  23. Thomas Hobbes, Leviathan, deutsch Hamburg 1996, S. 102 (Kap. XIII).

    Google Scholar 

  24. Siehe Kurd Lasswitz, Geschichte der Atomistik, Hamburg/Leipzig 1890, Band 2, S. 207 ff.

    Google Scholar 

  25. Friedrich Albert Lange, Geschichte des Materialismus, Iserlohn 1866, S. 138 ff., erweiterte 2. Auflage und spätere Auflagen ab 1873, S. 232 ff.

    Google Scholar 

  26. Zu Leibniz vgl. Hans Heinz Holz, Einheit und Widerspruch, a.a.O., Band L 386 ff. — Ders., Leibniz, eine Monographie, Leipzig 1983.

    Google Scholar 

  27. Zum Begriff der »instrumentellen Vernunft« vgl. Max Horkheimer, Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, Frankfurt am Main 1967, S. 11 ff.

    Google Scholar 

  28. Siehe dazu Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, in: Gesamtausgabe, Band V, Frankfurt am Main 1959.

    Google Scholar 

  29. Vgl. Hans Heinz Holz, Einheit und Widerspruch, a.a.O., Band III, S. 11 ff. Ders., »Hegels Konzept der ›eigentlichen Metaphysik‹«, in: Detlev Pätzold/Arjo Vonderjagt (Hrsg.), Hegels Transformation der Metaphysik, Köln 1991, S. 28 ff.

    Google Scholar 

  30. Vgl. Hans Heinz Holz, Herr und Knecht bei Leibniz und Hegel, Neuwied/Berlin 1968.

    Google Scholar 

  31. Vgl. Hans Heinz Holz, »Tugend und Terror — Notizen zur sogenannten Schreckensherrschaft«, in: Jahrbuch des IMSF 14, Frankfurt am Main 1988, S. 181 ff.

    Google Scholar 

  32. Vgl. Gerrit Manenschijn, Moraal en Eigenbelang bij Thomas Hobbes en Adam Smith, Amsterdam 1979.

    Google Scholar 

  33. Zur Dialektik der Trinitätslehre vgl. Hans Heinz Holz, »Theologische und philosophische Dialektik: Das Trinitätsproblem«, in: Weissenseer Blätter, Jg. 21 (2002) Nr. 1–3.

    Google Scholar 

  34. Vgl. Jos Lensink, »Im Spiegel des Absoluten. Kritische Erwägungen zum ontologischen Gottesbeweis«, in: Dialektik 1992/1, S. 75 ff.

    Google Scholar 

  35. Zum Verhältnis von transzendentaler und spekulativer Dialektik vgl. Hans Heinz Holz, Sitzungsberichte der Leihniz-Sozietät, 2004.

    Google Scholar 

  36. Edmund Husserl hat diese Krise in prinzipieller Sicht und mit unverlierbaren Einsichten analysiert: Die Krise der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie, in: Husserliana, Band VI, den Haag 1962.

    Google Scholar 

  37. Zum Begriff der Jedermannsphilosophie vgl. Antonio Gramsci, Gefängnishefte, deutsch Hamburg 1994 ff., Heft 11, § 13, Band 6, S. 1393 ff.

    Google Scholar 

  38. Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, in: Schriften, Frankfurt am Main 1960, S. 14 f.: »2.1 Wir machen uns Bilder von Tatsachen. (…) 2.15 Daß sich die Elemente des Bildes in bestimmter Art zueinander verhalten, stellt vor, daß sich die Sachen so zueinander verhalten. Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heißt seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung. (…) 2.1513 Nach dieser Auffassung gehört also zum Bilde auch noch die abbildende Beziehung, die es zum Bild macht«.

    Google Scholar 

  39. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl. (B), Riga 1787, S. 25.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2005 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Holz, H.H. (2005). Ursprung, Probleme und Desiderate der neuzeitlichen Dialektik. In: Weltentwurf und Reflexion. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00092-7_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00092-7_2

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-02071-0

  • Online ISBN: 978-3-476-00092-7

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics