Zusammenfassung
Jede konsequent materialistische wie jede konsequent idealistische Philosophie ist monistisch, das heißt erklärt die Mannigfaltigkeit der Welt aus einem einheitlichen Prinzip. Ja, man könnte die Auffassung vertreten, daß es zur Wissenschaftlichkeit einer Philosophie gehört, nicht bei einer Pluralität von Wesenheiten stehen zu bleiben, sondern nach einer Fundierung der Vielheit in einem ersten und einen, daher »absoluten« Grunde zu suchen — schon deshalb, weil ein Stehenbleiben bei einer Mehrzahl von Seinsgründen die Frage entstehen lassen müßte, warum diese Mehrheit existiere, und dies genau die Frage nach dem einen zureichenden Grunde der Vielzahl wäre.2 Indessen kann eine monistische Philosophie die qualitative Verschiedenheit der Seinsformen in der Natur (tote Materie, lebende Materie, Empfindung, Bewußtsein, Selbstbewußtsein) so wenig vernachlässigen wie das Anderssein von Natur und Geschichte. Die Einheit der Welt ist nicht als Einheit von nur graduell verschiedenen Selbigen, sondern als Einheit von wesensmäßig Unterschiedenen zu begreifen; nur unter dieser Voraussetzung ist die »Grundfrage der Philosophie«, die ja von der Gegebenheit zweier entgegengesetzter Seinsweisen — Sein und Bewußtsein, Sein und Denken — ausgeht, überhaupt sinnvoll gestellt, sie akzeptiert die in der Zweisubstanzenlehre des Descartes ausgesprochene formale Nichtrück-führbarkeit von res extensa und res cogitans aufeinander oder auf ein homogenes Kontinuum des Seins: Die cogitatio ist als solche eben räumlich nicht ausgedehnt und also keine materielle Erscheinung, auch wenn sie materiellen Prozessen, zum Beispiel physiologisch bestimmbaren Vorgängen im Gehirn, zugeordnet werden kann; diese Zuordnung hebt das Problem der Verschiedenheit von Vorstellungen und stofflichen Gegenständen nicht auf.3
Notizen
vgl. D. Pätzold, Einheit und Andersheit, Köln 1981.
G. W. Leibniz, Kleine Schriften zur Metaphysik, hrsg. und übers, von H. H. Holz, Darmstadt/Frankfurt am Main 1965, S. 427.
Vgl. H. H. Holz, »Die Konstruktion des Kontingenten«, in K. Peters/W. Schmidt/H. H. Holz, Erkenntnisgewißheit und Deduktion, Darmstadt/Neuwied 1975, S. 129 ff.
Das wird deudich an der Polemik von Georg Klaus, Einführung in die formale Logik, Berlin 21958, S. 279 ff., gegen Bela Fogarasi, Logik, Berlin 21956, S. 40 ff.
Vgl. Reiner Winter, Gegenstand und Identität, Marburger Dissertation 1980.
G. Hoppe, »Bemerkungen zum Seinsbegriff«, in H. H. Holz (Hrsg.), Formbestimmtheiten von Sein und Denken, Köln 1982, S. 67 ff, hier: S. 10 f
H. F. Fulda, »Dialektik in Konfrontation mit Hegel«, in: DIALEKTIK 2, Köln 1981, S. 63 ff.
Vgl. B. Liebrucks, Piatons Weg zur Dialektik, Frankfurt am Main 1949.
Für Leibniz: Josef König, »Das System von Leibniz«, in: Vorträge und Aufsätze, Freiburg/München 1978, S. 27 ff.
Für Hegel: Peter Kemper, Dialektik und Darstellung, Frankfurt am Main 1980.
Daß dieselbe logische Figur auch in der chinesischen Philosophie vorkommt, hat J. Schickel, Große Mauer, große Methode, Stuttgart 1968, besonders S. 231 ff., gezeigt.
Vgl. auch H. H. Holz, Widerspruch in China, München 1970, S. 72 ff.
Ders., China im Kulturvergleich, Köln 1999, Teil II.
Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion, Band II, HW 17, Frankfurt am Main 1969, S. 395.
Vgl. H. H. Holz, Natur und Gehalt spekulativer Sätze, Köln 1980, S. 30 ff.
Vgl. dazu auch H. H. Holz, »Spekulative und materialistische Philosophie«, in: Annalen der internationalen Gesellschaft für dialektische Philosophie I. Köln 1983.
Hegel, Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie, in: HW, Band 2, Frankfurt am Main 1970, S. 96.
Geschichtlichkeit als ontologische Bestimmung alles Wirklichen bei Hegel hat H. Marcuse, Hegels Ontologie, Frankfurt am Main 1932, untar Verwendung Diltheyscher Konzeptionen herausgearbeitet.
Vgl. H. H. Holz, Herr und Knecht bei Leibniz und Hegel, Neuwied/Berlin 1968.
Ders., »Herr und Knecht und die Konstitution des historischen Subjekts«, in: M. Hahn/H. J. Sandkühler (Hrsg.), Subjekt der Geschichte, Köln 1980, S. 76 ff.
Vgl. H. H. Holz, Herr und Knecht bei Leibniz und Hegel, Neuwied/Berlin 1968.
Vgl. A. Fischer, Der reale Schein und die Theorie des Kapitals, Zürich 1978.
Vgl. H. H. Holz, »Kategorie Möglichkeit und Moduslehre«, in: Ernst Bloch zu ehren, Frankfurt am Main 1965, S. 99 ff.
Leibniz, Opuscules et fragments inédits, ed. Louis Couturat, Paris 1903, S. 18.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik. Die Lehre vom Sein, in: Gesammelte Werke, Band 21, Hamburg 1985, S. 68 ff.
Gottfried Wilhelm Leibniz, Opuscules et Fragments inédits, ed. Louis Couturat, Paris 1903, S. 261; 259; 364; 374.
Christoph Stewart, Losik, Tübingen 1904, S. 235 f.
Bruno Baron von Freytag gen. Löringhoff, Logik, Stuttgart 1955, S. 80.
William van Ormand Quine, Grundziige der Logik, Frankfurt am Main 1974, S. 251.
Vgl. Hans Heinz Holz, »Kategoie Möglichkeit und Moduslehre«, in: Siegfried Unseld (Hrsg.), Ernst Biodi zu Ehren, Frankfurt am Main 1965, S. 99 ff.
Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, in: Gesamtausgabe, Band 5, Frankfurt am Main 1959, S. 259.
Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit, in: Gesamtausgabe, Band 4, Frankfurt am Main 1962, S. 271; 268.
Leibniz, Kleine Schriften zur Metaphysik, hrsg. und übers, von Hans Heinz Holz, Darmstadt 1965, S. 427.
Nicolaus Cusanus, »De possest«, in: Philosophiscb-tbeologische Schriften, hrsg. von Leo Gabriel, Wien 1966, Band II, S. 278.
H. Wagner, »Kommentar zur Physik-Vorlesung des Aristoteles«, in: Aristoteles, Werke, Band 11, Berlin 1979, S. 493 f.
Ernst Bloch, Das Materialismusproblem, in: Gesamtausgabe, Band 7, Frankfurt am Main 1972, S. 479 ff.
Vgl. dazu Hans Heinz Holz, »Zu Bert Brechts Gedicht ›Legende von der Entstehung …‹«, in: Andre Thiele, In den Trümmern ohne Gnade. Festschrift für Peter Hacks, Berlin 2003, S. 227 ff.
Gottfried Wilhelm Leibniz, Textes inédits, ed. Gaston Grua, Paris 1948, S. 325.
Vgl. dazu Hans Heinz Holz, Leibniz, Leipzig 1983
ders., Leibniz, Frankfurt am Main/New York 1992
ders., Riflessioni sulla filosofia di Hegel, Napoli 1997
Hans Heinz Holz ders., Einheit und Widerspruch. Problemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit, Band I und III, Stuttgart/Weimar 1997
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Holz, H.H. (2005). Koordinaten dialektischer Konstruktion. In: Weltentwurf und Reflexion. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00092-7_15
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