Zusammenfassung
Goethes konkrete Beschäftigung mit Oper und Singspiel1 setzte zu dem Zeitpunkt ein, als Christoph Martin Wieland im Frühjahr 1773 das Libretto seines deutschsprachigen Singspiels Alceste sowie schon wenige Monate zuvor auch die dazugehörigen Briefe an einen jungen Freund über das Singspiel, Alceste veröffentlicht hatte. Obwohl Goethe Wielands Anspruch, ein Singspiel habe »einfach, interessant und musikalisch«2 zu sein, sicherlich zugestimmt hat, dürfte er ihn aber auch als »zu allgemein und plakativ« empfunden haben.3 Insgesamt dürfte Wielands antikisierende Vorstellung vom Singspiel, das in erster Linie die »Erschütterung des Herzens« bezweckte, Goethes Widerspruch herausgefordert haben. Es entsteht daher in der Ta t zunächst der Eindruck, als habe Goethe durch die Aufnahme der Arbeit an dem Singspiel Erwin und Elmire mit Wielands erfolgreichem Libretto wetteifern wollen,4 bevor er sich im Herbst desselben Jahres mit der Farce Götter, Helden und Wieland zu einer anderen Antwort auf die Alceste entschloß.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literatur
Dieser Beitrag stützt sich auf folgenden Aufsatz des Verfassers: »Wir müssen nun auf alle teutsche Opern Theater Anschläge machen.« Goethes Versuche der Literarisierung von Oper und Singspiel. In: Michael Zywietz (Hg.): »Grenzgebiete«. Festschrift Klaus Hortschansky zum 65. Geburtstag, Eisenach 2000, S. 117–148.
Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. VIII, Bd. 26, Leipzig 1796, S. 262.
Stephan Kohler: Das Singspiel als dramatischer Formtypus: Goethe — Strauss — Hofmannsthal. In: Goethe im Kontext. Kunst und Humanität, Naturwissenschaft und Politik von der Aufklärung bis zur Bestauration. Ein Symposion. Hg. von Wolfgang Wittkowski, Tübingen 1984, S. 181–193, hier S. 182.
Vgl. auch Hans-Albrecht Koch: Die Singspiele. In: Goethes Dramen. Neue Interpretationen. Hg. von Walter Hinderer, Stuttgart 1990, S. 42–64, hier S. 43. — Hans Heinrich Borcherdt (Die Entstehungsgeschichte von Goethes Erwin und Elmire. In: GJb 32 (1911), S. 73–82) spricht davon, Goethe wollte gegen Wieland »mit einem anderen, besseren Operntext in die Schranken treten« (S. 79).
Hierzu Jörg Krämer: Deutschsprachiges Musiktheater im späten 18. Jahrhundert. Typologie, Dramaturgie und Anthropologie einer populären Gattung. 2 Tle., Tübingen 1998,
hier T 2, auch Bodo Plachta: Ein »Tyrann der Schaubühne«? Stationen und Positionen einer litera-tur- und kulturkritischen Debatte über Oper und Operntext im 18. Jahrhundert, Berlin 2003.
Ferdinand van Ingen: Goethes Singspiele: Literarischer Anspruch und Autonomie der Musik. In: Bevolution und Autonomie. Deutsche Autonomieästhetik im Zeitalter der Französischen Revolution. Ein Symposion. Hg. von Wolfgang Wittkowski, Tübingen 1990, S. 102–131, hier S. 110.
Elmar Bötcher: Goethes Singspiele Erwin und Elmire und Claudine von Villa Bella und die »opera buffa«, Marburg 1912, S. 10.
Dazu Thomas Frantzke: Goethes Schauspiele mit Gesang und Singspiele 1773–1782, Frankfurt a.M. u.a. 1998, S. 228.
Benedikt Holtbernd: Die dramaturgischen Funktionen der Musik in den Schauspielen Goethes, Frankfurt a.M. u.a. 1992, S. 12f.
Oskar Seidlin: Goethes Zauberflöte. In: Ders.: Von Goethe zu Thomas Mann. Zwölf Versuche. Göttingen 1963, S. 38–55, hier S. 55.
Hellmuth Christian Wolf: Geschichte der komischen Oper. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wilhelmshaven 1981, S. 117.
Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Briefe in drei Bänden. Hg. von Sigrid Damm, Leipzig 1987, hier Bd. 3, S. 318 f.
Stefan Kunze: Art. Singspiel. In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Hg. von Paul Merker, Werner Kohlschmidt und Klaus Kanzog. 5 Bde., 2. Aufl. Berlin/New York 1958–88, Bd. 3, S. 830–841,
hier S. 830; vgl. auch Hans-Albrecht Koch: Art. Singspiel. In: Walter Killy (Hg.): Literatur-Lexikon, Bd. 14: Begriffe, Realien, Methoden. Hg. von Volker Meid, Gütersloh/München 1993, S. 367–369, hier S. 367.
Vgl. Markus Waldura: Die Singspiele. In: GHB, Bd. 2, Stuttgart/Weimar 1997, S. 173–194, hier S. 174 f.
Hierzu Reinhart Meyer: Das Musiktheater am Weimarer Hof bis zu Goethes Theaterdirektion 1791. In: Der theatralische Neoklassizismus um 1800. Ein europäisches Phänomen? Hg. von Roger Bauer in Verbindung mit Michael de Graat und Jürgen Wertheimer, Bern/Frankfurt a.M./New York/Paris 1986, S. 127–167. — Zur allgemeinen Situation siehe Thomas Bauman: North German Opera in the Age of Goethe. Cambridge 1985.
Vgl. Wolfram Huschke: Musik im klassischen und nachklassischen Weimar. 1756–1861, Weimar 1982, S. 11–27.
Wolfgang Osthoff: Die Opera buffa. In: Gattungen der Musik in Einzeldarstellungen. Gedenkschrift Leo Schrade. hg. von Wulf Arlt, Ernst Lichtenhahn und Hans Oesch unter Mitarbeit von Max Haas. Erste Folge, Bern/München 1973, S. 678–743, hier S. 680.
Vgl. Stefan Kunze: Mozarts Opern, Stuttgart 1984, S. 554 f.
Dieter Borchmeyer: Goethe, Mozart und die Zauberflöte, Göttingen 1994, S. 13.
Hans-Albrecht Koch: Goethes Fortsetzung der Schikanederschen Zauberflöte. Ein Beitrag zur Deutung des Fragments und zur Rekonstruktion des Schlusses. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1969, S. 121–163, hier S. 122.
Hierzu Hermann Fähnrich: Schillers Musikalität und Musikanschauung, Hildesheim 1977, S. 102f., und Dieter Borchmeyer: Weimarer Klassik. Portrait einer Epoche, Weinheim 1994, S. 376 f.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2008 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Plachta, B. (2008). »Der Text einer Oper gehört unter die Dichtungsarten, welche schwer zu beurteilen sind« — Goethes Bezeichnungs Vielfalt musiktheatralischer Genres. In: Busch-Salmen, G., Jeßing, B. (eds) Goethe Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-00032-3_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-00032-3_2
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01846-5
Online ISBN: 978-3-476-00032-3
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)