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Lebenssituation behinderter Menschen

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Auszug

In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gelten behinderte Menschen als eine der von Armut, Deprivation und sozialer Exklusion am stärksten betroffene Personengruppe. Diese Einschätzung wird sowohl von der Europäischen Kommission (Rat der Europäischen Union 2004) nationalen Regierungen (Bundesregierung 2004), als auch den Behindertenverbänden auf nationaler und internationaler Ebene (European Disability Forum 2002) und den Vertretern der Behindertenbewegung57 formuliert. So kommt die Europäische Kommission in ihrem zusammenfassenden Bericht über soziale Eingliederung zu der Einschätzung, dass behinderte Menschen von den meisten Mitgliedsstaaten klar als eine Bevölkerungsgruppe definiert werden, die potenziell von sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Nicht zuletzt werde die Bedrohung auch durch das unverändert hohe Armutsrisiko von kranken und behinderten Personen belegt (Europäische Kommission 2002c, 25).58 Diese Einschätzungen decken sich auch mit der öffentlichen Meinung; so sind 97% aller EU-Bürger der Auffassung, „dass mehr getan werden sollte, um Menschen mit Behinderung stärker in die Gesellschaft zu integrieren“ (Europäische Kommission 2001b).

Vertreter der Behindertenbewegung gehen sogar so weit, behinderte Menschen als die am meisten exkludierten Bürger zu bezeichnen (Interview des Autors mit Vic Finkelstein 2004).

Die erwähnten Daten des ECHP ließen sich weder durch Literaturrecherche noch durch Nachfrage beim zuständigen Referat der Europäischen Kommission auffinden. Die für das ECHP zuständige Stelle Eurostat hat zwar 2001 ein spezielles Pocketbook (EUROSTAT 2001) zu behinderten Menschen veröffentlicht, in welchem auch einige Daten zur Einkommenssituation und zur sozialen Partizipation dargestellt werden; jedoch werden weder Einkommensarmutsquoten noch Armutsquoten nach dem Lebenslagenansatz ausgewiesen.

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References

  1. Weitere und ausführlichere Informationen zum ECHP: Eurostat (Hrsg.), Statistik kurz gefasst, Europäisches Haushaltspanel, in: Newsletter, 14/2001. Eurostat (2003): ECHP UDB manual, European Community Household Panel Longitudinal Users’ Database, Waves 1 to 8, Survey years 1994 to 2001, DOC. PAN 168/2003-12. Download unter: http:/forum.europa.eu.int/Public/irc/dsis/echpanel/library.

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  2. Zur Diskussion über subjektive Indikatoren siehe: Veenhofen (2001); Glatzer (1984).

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  3. Vgl. z.B. Cloerkes(2001), Felkendorff (2003), Maschke & Powell (2004) und Sander (1994).

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  4. Die ILO hat in einer neueren Veröffentlichung (International Labour Office 2004) die Operationalisierung von Behinderung in Statistiken weltweit zusammengefasst (vgl auch Gudex und Lafortune (2000).

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  5. In einer Veröffentlichung der ILO (2004) wird das Aufkommen der unterschiedlichen Definitionen von Behinderung in Statistiken ausgewertet. Am häufigsten beziehen sich die Definitionen von Behinderung auf die ICIDH der WHO (38%), am zweit häufigsten auf Definitionen in den nationalen Gesetzen (31%), am dritthäufigsten handelt es sich um eigens entwickelte Definitionen von nationalen Statistikämtern, Ministerien oder NGO (21%).

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  6. So waren 1996 im ECHP (1996) in den Originalfragebogen für Deutschland nur 4,4% der Bevölkerung stark und 12,6% leicht im Alltag beeinträchtigt, während es in den imputierten Daten aus dem SOEP 6,7% und 24,3% waren. Dieser Unterschied lässt sich auch nach Durchsicht der Fragebögen nicht erklären.

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  7. Damit bildet Europa keine Ausnahme. In den USA ist mit 43 Millionen behinderten Personen sogar jeder siebte Bürger behindert (Drake 2001).

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  8. Die Mortalität in den EU15-Staaten schwankt zwar auch, aber viel schwächer, und zu den Ländern mit den höchsten Lebenserwartungen zählt hinter Frankreich Italien, also gerade das Land mit den niedrigsten Behinderungsquoten (vgl. Europäische Kommission 2004a).

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  9. So beziehen sich ein großer Teil der lang andauernden Gesundheitsprobleme bzw. Behinderungen, wie eine Untersuchung (Dupré/Karjalainen 2003) von Personen im arbeitsfähigen Alter (16-64 Jahre) zeigt, auf den Rücken und den Nacken (19,0%), Schwierigkeiten mit Herz, Blutdruck oder Kreislauf (12,5%), Beine und Füße (11,4%) oder die Brust und die Atmung (10,6%). Auf Schwierigkeiten beim Sehen (2,6%) und Hören (2,1%) entfällt hingegen nur ein kleiner Anteil.

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  10. Im Jahr 1997 wurden die Kategorien der ISCED 1976 revisioniert und geringfügig geändert, da aber auch Daten erhoben wurden, die vor 1998 untersucht wurden, wurde die ISCED 1976 verwendet.

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  11. In der Armutsforschung wird diese Vergleichsmethode unter der Bezeichnung Affection verwendet (vgl. Goebel/Otto 2003).

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  12. Auch für einzelne Länder lässt sich dies zeigen; so wurden die Schwankungen mit dem Konjunkturverlauf für Deutschland ausgewiesen (vgl. Maschke, Michael 2003).

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  13. Die EDF-Studie (2002) berichtet, dass in fast der Hälfte der Fälle (48%) der Arbeitsmarktaustritt eines Familienmitgliedes aufgrund der Pflege für die behinderte Person nicht kompensiert wird.

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  14. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für Europa, sondern auch weltweit ist Behinderung eine Ursache für Armut. Wie die World Bank (1999) in einem Literaturüberblick zu diesem Thema verdeutlicht, sind insbesondere in Entwicklungsund Schwellenländern behinderte Menschen aufgrund der wechselseitigen Verursachung von Armut und Behinderung erheblich häufiger von Armut betroffen. 93 Diese Schlussfolgerung wird durch die durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen von Haushalten mit behinderten Menschen begründet, die in österreich, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und der Schweiz rund 95%, in Belgien, Frankreich, Italien und Norwegen zwischen 85 und 90% und in Portugal Spanien und Großbritannien wenigstens noch zwischen 70 und 80% der äquivalenzeinkommen von Haushalten ohne behinderten Menschen betragen (OECD 2003, 28).

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  15. Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit den Ergebnissen zur Einkommenszusammensetzung Ende der 1990er Jahre in der OECD-Studie (vgl. OECD 2003, 29f.).

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  16. Die OECD (2003, 28) weist aus, dass der Anteil invaliditätsbezogener Rentenleistungen des Einkommens behinderter Menschen im erwerbsfähigen Alter Ende der 1990er Jahre im Durchschnitt bei 20% lag und zwischen einem Anteil von rund 10% in Frankreich und Schweden und 35% in Spanien schwankte.

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  17. Eine Untersuchung im Auftrag der Europäischen Kommission (Freyhoff/Parker/Coué 2004) nennt hier zwar Daten, schränkt aber die Aussagefähigkeit dieser Daten aufgrund veralteter und lückenhafter Daten selbst ein.

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  18. Zu Freizeit im Leben behinderte Menschen siehe Markowitz (2001).

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(2008). Lebenssituation behinderter Menschen. In: Behindertenpolitik in der Europäischen Union. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-351-90830-0_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-351-90830-0_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-15587-6

  • Online ISBN: 978-3-351-90830-0

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