Lebensmittelunruhen in Berlin 1920–1923

Zusammenfassung

Die Jahre 1920–1923 wurden gemeinhin als Katastrophenzeit wahrgenommen: geprägt durch Weltkriegserfahrung, militärische Niederlage und das Syndrom Versailles; durch enttäuschte Revolutionshoffnungen auf der einen, Revolutionsschock auf der anderen Seite und schließlich durch Inflation. Scheinbar festgefügte ökonomische und soziale Beziehungen gerieten aus den Fugen; weite Kreise der Bevölkerung waren in zunehmendem Maße materiellen Entbehrungen und Existenznöten ausgesetzt, Versorgungs- und Verteilungskämpfe waren an der Tagesordnung. Im Zuge dieser gesellschaftlichen Dauerkrise erlebte eine traditionelle Variante kollektiven Protests — die subsistenzorientierte Selbsthilfeaktion, von der man annahm, daß sie im Rahmen des allgemeinen Modernisierungsprozesses durch institutionalisierte Handlungmuster wie gewerkschaftliche Steiks oder parteipolitisches Engagement ersetzt worden sei — eine ungeahnte Renaissance¹.