Zusammenfassung
Auch eine Frage, die die ökonomische Situation des modernen Handwerks betrifft, kann bei der in das Mittelalter zurückreichenden Tradition des Handwerks ohne Erörterung der geschichtlichen Entwicklung nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Vor allem deswegen nicht, weil das Bild des mittelalterlichen Handwerks, wie es die historische Schule entwickelte, lange Zeit bestimmend für die Vorstellungen über das Handwerk auch des 20. Jahrhunderts war. Wenn heute in einzelnen Handwerkszweigen eine starke Einzelhandelstätigkeit beobachtet -und als Anzeichen einer Entwicklung dieser Handwerksbereiche zum Einzelhandel hin bewertet — wird, so erhebt sich die Frage, ob es sich hier um eine neuartige Erscheinung handelt oder ob das Handwerk nicht seit seiner Existenz als selbständige Betriebsform Einzelhandelsaufgaben zu erfüllen hatte.
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Literatur
Karl Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft (1893), Bd. I, 16. Aufl., Tübingen 1922, S. 116 ff., beschreibt in seiner Wirtschaftsstufentheorie die Stadtwirtschaft als „Wirtschaft des direkten Austausches“.
August Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, Stuttgart 1929, S. 14.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, S. 116 ff., dürfte die Geschlossenheit der Stadtwirtschaft auf Grund zu starker Generalisierung gefolgert haben. So weist vor allem Georg von Below, Probleme der Wirtschaftsgeschichte, 2. Aufl., Tübingen 1926, S. 220 f., auf erhebliche Lücken der Bücherschen Konzeption hin.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 122.
Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 30.
von Below y Probleme der Wirtschaftsgeschichte, S. 281.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 116 f. und S. 183.
Die Erörterung dieser Frage nimmt breiten Raum in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur der historischen Schule ein. Siehe hierzu Karl Bücher, Artikel „Gewerbe“ in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. IV, 4. Aufl., Jena 1927, S. 967 ff.
Als Beispiel für das Lohnwerk weist Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 15, auf die „Ordnungen der Handwerksleute und Tagelöhner“von 1404 hin, in der die Entgeltsätze für Arbeit „umb lone“festgesetzt werden.
Siehe hierzu Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 19 f. Die Handwerker bemühten sich in Trier um eigenen Rohstoffeinkauf, indem sie den Händlern bis weit vor die Stadt entgegenfuhren und ihnen ihre Ware insgesamt abkauften, um zu verhindern, daß Abnehmer ihrer Produktion in der Stadt Gelegenheit zum Kauf von Rohstoffen und damit zur Vergabe von Lohnarbeiten erhielten.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 181; seine Beurteilung versucht zu sehr, im Sinne seiner Stufenlehre eine unmittelbare Entwicklung der einen Betriebsform aus der anderen zu konstruieren, als ob das Preiswerk als die spätere Betriebsform aus dem Lohnwerk unmittelbar herausgewachsen wäre.
von Below, Probleme der Wirtschaftsgeschichte, S. 209.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 183.
von Below, Probleme der Wirtschaftsgeschichte, S. 210; von Below fügt den aufgezählten Beispielen noch weitere hinzu, um die „unzulässige Verengung“der Tätigkeit des Handwerks durch den Begriff „Kundenproduktion“darzulegen, ohne allerdings die Auffassung Büchers widerlegen zu können, daß das Handwerk — wenn nicht ausschließlich, so doch wesentlich — Kundenproduktion betrieb.
Im gleichen Sinne urteilt August Skalweit, Das handelnde Handwerk, Studien des Instituts für Handwerkswirtschaft, Frankfurt Nr. 4, Frankfurt 1952, S. 3.
Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 64.
Vgl. hierzu: Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 14 ff. und S. 64 ff.
Zur besseren Marktorientierung für den Käufer, aus ordnungspolitischen und aus produktionstechnischen Gründen wurden die einzelnen Handwerkszweige in bestimmten Bezirken und Straßen konzentriert („Schilder“-gasse, „Fleischmenger“-gasse). Siehe dazu Bruno Kuske, Geschichte des Einzelhandels, in: Handbuch des Einzelhandels, herausgegeben von Rudolf Seyffert, Stuttgart 1932, S. 12.
Im Gegensatz dazu sieht Skalweit, Das handelnde Handwerk, S. 6 ff., die Einzelhandelstätigkeit des Handwerks auf den Handel mit Fremderzeugnissen beschränkt. Diese Auffassung übergeht die auch im Absatz eigener Erzeugnisse auf dem freien Markt bestehende Einzelhandelsleistung.
Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 48 f.
Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 51 ff.
Voigt, Handwerk und Handel in der späteren Zunftzeit, S. 52, Anmerkung 9.
Skalweit, Das handelnde Handwerk, S. 6.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 139. — Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, S. 117.
von Below, Probleme der Wirtschaftsgeschichte, S. 220.
August Skalweit, „Handelndes“und „verlegtes“Handwerk vor Einführung der Gewerbefreiheit, Studien und Berichte des Instituts für Handwerkswirtschaft, Frankfurt Nr. 17/18, Frankfurt 1954, S. 6.
Siehe hierzu insgesamt: Skalweit, „Handelndes“und „verlegtes“Handwerk vor Einführung der Gewerbefreiheit, Frankfurt 1954.
Carl Günther Ludovici, Eröffnete Akademie der Kaufleute oder vollständiges Kaufmannslexikon, 3. Teil, 2. Aufl., Leipzig 1767, S. 259. — Beachtlich erscheint auch die an die Darstellung anknüpfende Begründung Ludovicis für eine Ablehnung der Betriebskombination: Einmal würde dadurch Handwerk und Arbeit versäumt, zum anderen hätten die Handwerker die Handlung nicht ordentlich gelernt und schließlich würde der Gang des Handels gestört und sein Kredit geschwächt. Dieses Urteil steht in krassem Widerspruch zu der vorteilhaften Entwicklung, die eine Verbindung zwischen Handwerk und Einzelhandel in verschiedenen Zweigen genommen hat.
Vgl. hierzu Karl Marx, Das Kapital, Moskau 1932, Ausgabe des Marx-Engels-Lenin-Instituts, unverändert neugedruckt in Berlin 1953, S. 484.
Wilhelm Röpke, Die Funktion des Klein- und Mittelbetriebes in der Volkswirtschaft, in: Handwerk und Kleinhandel in der modernen Volkswirtschaft, herausgegeben von A. Siegfried, St. Gallen 1947, S. 21 ff.
Ruth Finsterwalder, Die Einzelhandelstätigkeit im Handwerk unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern, München 1951, S. 18.
Untersuchungen über die Lage des Handwerks in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Großindustrie, Schriften des Vereins für Sozialpolitik Bd. 62–70, Leipzig 1894–97. Zu den angegebenen Handwerken siehe besonder»: Bd. 62, Leipzig 1894, S. 14 und S. 163; Bd. 64, Leipzig 1895, S. 205.
Vgl. hierzu: Karl Abraham, Der Strukturwandel im Handwerk in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und seine Bedeutung für die Berufserziehung, Köln 1955.
Siehe hierzu: Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd. 76, Verhandlungen über die Handwerkerfrage, Leipzig 1898, S. 16 ff.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 219. Nach der Schilderung des Konzentrationsprozesses in der gewerblichen Produktion (S. 210) folgert er, „daß das Handwerk in allen Fällen, wo es gebrauchsfertige, raschem Verderben nicht ausgesetzte Ware liefert, die in bestimmten Typen für Durchschnittsbedürfnisse hergestellt werden kann, im höchsten Maße gefährdet ist, selbst da, wo eine technische Überlegenheit des Großbetriebes nicht vorhanden ist.“
Ludwig Heyde, Deutsche Gewerbepolitik, Breslau 1934, S. 127 f.
Siehe hierzu die Erläuterungen bei Finsterwalder, Die Einzelhandelstätigkeit im Handwerk unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern, S. 17 ff.
Wolfgang Burkhard, Die Wandlungen in der inneren Struktur des Handwerks seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, Bonn 1955, S. 12, weist auf die auch dadurch erfolgende Produktionsverlagerung vom Handwerks- zum Industriebetrieb hin.
Julius Hirsch, Der moderne Handel, seine Organisation und Formen, und die staatliche Binnenhandelspolitik, in: Grundriß der Sozialökonomik, Bd. V, Teil II, 2. Aufl., Tübingen 1925, S. 20.
Finsterwalder, Die Einzelhandelstätigkeit im Handwerk unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern, S. 20.
Richard Stade, Niedergang des Schuhmacherhandwerks als Produktionsgewerbe, Halle 1932, S. 170.
J. Dethloff, Das Handwerk in der kapitalistischen Wirtschaft, in: Bernhard Harms, Strukturwandlungen der deutschen Volkswirtschaft, Bd. II, Berlin 1928, S. 29.
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft, Bd. I, S. 220.
Dethloff, Das Handwerk in der kapitalistischen Wirtschaft, in: Bernhard Harms, Strukturwandlungen der deutschen Volkswirtschaft, Bd. II, Berlin 1928, S. 20.
Das deutsche Handwerk (Enquete-Bericht), Ausschuß zur Untersuchung der Erzeugungsund Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, III. Unterausschuß, 8. Arbeitsgruppe, Bd. I, Generalbericht, Berlin 1930, S. X.
Das deutsche Handwerk (Enquête-Bericht), S. 213.
Vgl. Finsterwalder, Die Einzelhandelstätigkeit im Handwerk unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Bayern, S. 123.
Handelsenquete, Bd. I: Die Grundlagen der Handelsenquete, Ausschuß zur Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, Berlin 1929, S. 288 f.: Kürschnerei, Beleuchtungsgeschäfte, Optik, Uhrmacherei, Möbelhandel, Nähmaschinen-und Fahrradhandel, Handel mit landwirtschaftlichen Maschinen, Bürobedarf.
Die Zusammenfassung der Handelstätigkeit ohne funktionelle Zuordnung zum Großoder Einzelhandel erlaubt keine gesonderte Erläuterung der Einzelhandelstätigkeit.
Vgl. Tabelle 4: „Der Absatz ausgewählter Handwerkszweige 1934“, S. 64.
Betriebsstruktur, Kostengestaltung und Besteuerung im Handwerk, Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches Nr. 34, Berlin 1937, S. 9.
Vgl. dazu ausführlich S. 109.
Dethloff, Das Handwerk in der kapitalistischen Wirtschaft, in: Harms, Strukturwandlungen der deutschen Volkswirtschaft, Bd. II, Berlin 1928, S. 29.
Siehe: Die Größenordnungen der Handwerkswirtschaft 1939, in: Wirtschaft und Statistik, herausgegeben vom statistischen Reichsamt, Berlin 1939, S. 246.
Vgl. die Angaben in Tabelle 4, S. 64.
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Kleinen, H. (1963). Die geschichtliche Entwicklung der Einzelhandelstätigkeit des Handwerks. In: Die Einzelhandelstätigkeit des Handwerks. Abhandlungen zur Mittelstandsforschung, vol 8. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98914-7_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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