Zusammenfassung
Die Zuordnungstheorie des Begriffes ist heute seitens der Physik wohl allgemein übernommen. Ihr erkenntnistheoretischer Vorteil ist, daß sie eine Verdinglichung des Begriffes nicht zuläßt. Andererseits darf sie nicht zu eng gefaßt werden, soll die Allgemeinheit des Begriffes nicht leiden. Wenn Planck physikalisch real alles nennt, was sich messen läßt, so gibt das eben einen physikalischen Begriff, nicht einen wissenschaftlichen Begriff überhaupt. Carnap hat die Plancksche Definition der physikalischen Wirklichkeit dahin ausgedehnt, daß er den Sinn jeder physikalischen Größe darin sieht, daß bestimmten physikalischen Größen bestimmte Zahlen zugeordnet werden. Mit Recht hat aber Bavink demgegenüber eingewandt (Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften, S. 250), daß mit dem Begriff etwa der Zeit oder der Energie ein Sinn auch schon vor ihrer Messung verbunden werde; ist doch das wissenschaftliche Weltbild nur eine, allerdings quantitative Fortsetzung des vorwissenschaftlichen. Wenn Carnap Begriffsbildung und Messung in eins setzt, so ist das wohl die Auswirkung seines positivistischen Standpunkts. Physikalische Begriffsbildung gibt es aber schon, bevor eine quantitative Festlegung meßbarer Größen möglich war; sind doch die Eigenschaften der äußeren Dinge, ihre Farbe, Härte, Temperatur, Gewicht geradezu der Anlaß zur physikalischen Begriffsbildung der Erfahrung gewesen. Schon auf dieser, rein qualitativen Stufe des Begriffs werden wichtige Resultate erzielt, indem z. B. die vorwissenschaftlichen Begriffe des Raumes, der Zeit und der Dinge übernommen werden. Denn vorwissenschaftlich ist auch zunächst der Begriff der Materie, sowie der von wechselnden Zuständen eines Körpers. Schon vorwissenschaftlich zeigt sich, daß die Vorgänge in einem Körper bedingt sind durch den Zustand seiner Umgebung. Alle Aussagen über solche Sachverhalte sind Bedingungsaussagen, insofern als sie in konditionale Form gekleidet werden können. Das alles ist längst bekannt und auch wissenschaftlich geübt. In der Tat aber — und das ist der Kern der von Carnap so stark betonten physikalischen quantitativen Begriffsbildung — setzt eine in modernem Sinne wissenschaftliche physikalische Begriffsbildung erst mit der Meßbarkeit der Objekte ein.
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© 1949 Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig
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von Strauss, L., Torney (1949). Zählen und Messen. In: Der Wandel in der Physikalischen Begriffsbildung. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-98654-2_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-98654-2_2
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-322-98027-4
Online ISBN: 978-3-322-98654-2
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