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Zusammenfassung

Ein ähnlich langwieriger Streit, wie er um den § 218 ausgefochten wurde, entbrannte schon in den frühen Jahrzehnten der Bonner Republik um das Staatsangehörigkeitsrecht. Aber einen ernsthaften Vorschlag zur Lösung dieses emotionsgeladenen Problems legte erst die rot-grüne Regierungskoalition im März 1999 vor. Das geltende Staatsangehörigkeitsgesetz stammte immerhin aus dem Jahr 1913, war also 1999 schon 86 Jahre alt. Es stellte ganz auf das Abstammungsprinzip (lus sanguinis) ab, was natürlich in gewissen Epochen des letzten Jahrhunderts, während des „Dritten Reiches“ etwa, als sehr angemessene Regelung betrachtet wurde. Aber in einer Zeit, in der 7 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik leben und in der die Einbürgerungszahlen von wenigen Tausend in den Fünfziger- und Sechzigerjahren mittlerweile auf etwa 300 000 pro Jahr hochschnellten, war diese Regelung aus der Kaiserzeit nicht mehr haltbar. Der Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition sah vor, dass künftig die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland erworben werden soll, dass also das Abstammungsprinzip durch das Geburtsortprinzip (Ius soli) ergänzt wird. Damit sollen in Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, aber auch die ihrer Eltern behalten, und bis zum 23. Lebensjahr müssen sie sich für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. Diese doppelte Staatsbürgerschaft rief Widerspruch hervor, und die hessische CDU veranstaltete vor der dortigen Landtagswahl eine Unterschriftensammlung mit dem Ziel der Nichtzulassung der doppelten Staatsbürgerschaft, die zum Wahlerfolg und zum Sturz der rot-grünen hessischen Landesregierung führte. Entsprechend gereizt war die Stimmung im Bundestag, als am 19. März 1999 der von Abgeordneten der SPD, der GRÜNEN und der F.D.P. eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vorgelegt wurde. Unter den Fraktionen bestand Einigkeit darüber, dass das veraltete Staatsangehörigkeitsrecht aus der Kaiserzeit reformbedürftig und dass es erforderlich sei, den ständig in Deutschland lebenden Menschen umfassende politische Teilhabe zu ermöglichen. Über das Wie der Reform wurde in den der ersten Lesung folgenden Ausschussberatungen zügig verhandelt — die Opposition sprach freilich von „Durchpeitschen“ —, und Bundesinnenminister Schily legte am 7. Mai 1999 den in den Ausschussberatungen erarbeiteten Gesetzentwurf in dritter Lesung vor.

Das Recht muß nie der Politik, wohl aber die Politik

jederzeit dem Rechte angepaßt werden. Alle Politik muß

ihre Knie vor dem Rechte beugen.

Immanuel Kant

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Horst Ferdinand

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© 2002 Leske + Budrich, Opladen

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Ferdinand, H. (2002). Humanist: Otto Schily. In: Ferdinand, H. (eds) Reden, die die Republik bewegten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97558-4_38

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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