Zusammenfassung
Die Diskussion der theoretischen Ansätze hat gezeigt, daß sich die Erklärung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten nach wie vor mit zwei ungelösten Problemen auseinandersetzen muß, nämlich mit der Vielfalt des Phänomens, das monokausale Erklärungen nicht zuläßt, und mit der Tatsache, daß Theorien, die zur Erklärung anderer Phänomene sozialer Ungleichheit aufgestellt wurden (vor allem Klassentheorien), selbst in reformulierten Versionen die Schlechterstellung von Frauen nur teilweise zu erklären vermögen.
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Literatur
Ich gehe hier nur auf das ähnliche Verständnis beider Autoren von Ungleichheiten ein, nichtauf die theoretische Erklärung, die Kreckel (1992) entwickelt hat.
Das zeigt sich gegenwärtig u.a. bei dem Lebensentwurf „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ für beide Geschlechter.
Ein Beispiel dafür ist die Situation von sexuellen Minderheiten.
Das schafft eine weitere Quelle der Unklarheit: Existiert immer eine solche Instanz, oder genügen die mehr diffusen Artikulationen der „öffentlichen Meinung“?
Dazu gibt es in der Frauenbewegung und Frauenforschung eine Reihe von kontroversiellen Standpunkten. Vgl. Libreria delle donne di Milano (1989), Benhabib . (1993), Rosenberger (1996).
Diese Erweiterung der Definition ist für „moderne“ Gesellschaften kein Problem, da in ihnen die prinzipielle Gleichheit aller Menschen und damit ihr Anrecht auf selbstbestimmte Lebensentwürfe eine grundlegende normative Orientierung darstellen, unabhängig davon, wie weit dieser Anspruch tatsächlich in die Praxis umgesetzt wird. Die legitime Realisierung von Lebenszielen hat dort ihre Grenzen, wo sie nach ethischen Kriterien systematisch die Interessen anderer Personen oder Gruppen verletzt.
Zu den unterschiedlichen Vorstellungen vgl. Müller/Wegener (1995), Haller (1996).
Auch horizontale Ungleichheiten, die in der neueren Ungleichheitstheorie betont werden, beziehen sich auf die ungleiche Verteilung zwischen Gruppen ( Hradil 1987 ). Damit sind Ungleichheiten gemeint, die kein übergreifendes Muster entlang eines Verteilungsprinzips ergeben.
Diese Matrix ist an sich schon informativ, auch wenn man keine weiterreichenden Intention einer theoretischen Erklärung verfolgt.
Wie zum Beispiel Rubin (1975), Meillassoux (1976), Lerner (1991), bei denen der Tausch der Frauen als Heiratspartner als zentrale Ursache angesehen wird, oder Dux (1992: 438), der als Grund für die Machtungleichheit eine durchgehende „Innen-Außendimensionierung der Geschlechterrollen“ ansieht.
Ich verweise hier nur auf Chodorow (1978), die Ursache und Reproduktion der geschlechtsspezifischen Ungleichheit mit dem - vielfach als zirkulär kritisierten - Konzept des „motherings“ erklärt.
In gewisser Weise bietet Simmels Charakterisierung von Frauen, die sich „wesensmäßig“ von Männern unterscheiden sollen, die Grundlage einer derartigen Theorie: Die europäische Gesellschaft ist auf spezifisch männlichen Prinzipien aufgebaut (wie Spezialisierung und Arbeitsteilung sowie Betonung der Intellektualität), die die Äußerungsweisen von Frauen von vornherein schon benachteiligen. Bei Simmel sind die Aspekte von Gleichheit und Differenz allerdings eng verwoben; vgl. seine Theorie über die kulturelle Benachteiligung „der Frau” (Simmel 1985).
Schon Durkheim (1984: 176 f.) hat darauf aufmerksam gemacht, daß bestehende Strukturen nicht aus ihrem Entstehungszusammenhang erklärt werden können.
Vgl. Kapitel 1.
Vgl. Anmerkung 5 in Kapitel 1.
Elster (1989) behandelt ausdrücklich das Verhältnis von sozialen Zuständen und Ereignissen. Da Zustände in einer Vielfalt von Ereignissen bestehen, kann man das Bestehen von Zuständen nur erklären, wenn man auf die konstitutiven Ereignisse Bezug nimmt.
Zu solchen Ereignissen gehören betriebliche wie überbetriebliche Gehaltsverhandlungen, in denen Fraueninteressen keine Beachtung finden, die formelle oder informelle Festlegung von Betrieben, welche Personen fir welche Tätigkeiten aufgenommen und wie Tätigkeiten bewertet werden und ähnliches mehr
Es besteht weitgehend Konsens in der Literatur, daß soziale Ungleichheiten definitorisch nur solche Ungleichheiten sind, die von Akteuren (primär Gruppen) erzeugt und aufrechterhalten werden.
Zur Bildungsbenachteiligung von Mädchen und zur Komplexität der sie bewirkenden Faktoren vgl. die umfassende Studie von Rodax/Rodax (1996).
Der Bezugsrahmen ist ausdrücklich für geschlechtsspezifische Ungleichheiten entwickelt worden. Er kann aber auch für die Analyse anderer Ungleichheiten verwendet werden. Auf die Frage, wieweit die Mechanismen, die im folgenden analysiert werden, auch für andere Ungleichheiten gelten, wird im Kapitel 6 eingegangen.
Vgl. dazu Kapitel 5.
Der Bezugsrahmen steht daher in der Tradition der „Dualität von Struktur“ (Giddens 1984). Strukturen werden in den Handlungen produziert und reproduziert, diese wiederum können ohne vorgegebene Strukturen gar nicht hervorgebracht werden. In ähnlicher Weise haben Strauß. die Aufrechterhaltung von Ordnung und Strukturen als einen ständigen Prozeß der Rekonstitution beschrieben: „In short the bases of concerted action (social order) must be reconstituted continually, or (...) `worked at”` (Strauß. 1971: 104). Dies gilt auch für die Verteilung von Lebenschancen.
Zur Unterscheidung latenter und manifester Interessen vgl. Dahrendorf (1965).
An diesen Fällen sieht man, daß eine eindeutige Abgrenzung zwischen aktiv Diskriminierenden und Nutznießern nicht immer möglich ist. Sofern Nutznießer aktiv ihre Interessen zu Lasten der Frauen verfolgen, sind sie den Benachteiligenden zuzurechnen, andernfalls bilden sie einen Teil der Rahmenbedingungen.
Das Konzept des “Habitus” beansprucht, die dispositionelle, also „subjektive“ Repräsentation vorgegebener („objektiver”) sozialer Lagen theoretisch zu erfassen und zugleich auf deren praktische Dimension zu verweisen.
Eine Ausnahme bilden die Formen der traditionalistischen Unterdrückung.
Ich beziehe mich hier auf die Unterscheidung von Kessler/McKenna (1977), die unter Geschlechtsidentität verstehen, „daß man sich als Mann oder Frau fühlt“.
Der von Gerson/Peiss (1985) entwickelte Bezugsrahmen zur Analyse von „Grenzen“ zwischen den Geschlechtern betont die Bedeutung der Interaktionen sowie von „gender consciousness”. Die Autorinnen verweisen damit auf die aktive Rolle von Frauen bei der Gestaltung der Geschlechterbeziehungen. Mit dem Begriff „Geschlechter-Arrangement“ betont Pfau-Effinger (1996) ebenfalls die aktive Rolle und die Aushandlungsprozesse an denen Frauen beteiligt sind. Programmatisch wird in beiden Ansätzen handlungstheoretischen Erklärungen ein wichtiger Stellenwert eingeräumt.
Ein solches Bewußtsein entwickelt sich nicht gleichsam selbstverständlich in einer benachteiligten Situation, sondern es bedarf immer zusätzlicher Ereignisse oder bestimmter Rahmenbedingungen. Vgl. Cyba/Balog/Papouschek (1993).
Damit verändert sich auch die Vorstellung hinsichtlich der eigenen Interessen. Latente Interessen können dann als manifeste verfolgt werden.
Genau gesagt geht es um die Vertilgung über andere soziale Ressourcen, als es jene sind, die der jeweils analysierten Form von Ungleichheit zugrunde liegen.
Damit soll nicht behauptet werden, daß es in allen Gesellschaften einen normativen Konsens gibt, der ihren Zusammenhalt im Sinn des normativen Funktionalismus gewährleistet. Es ist eine empirische Frage, wieweit ein solcher Konsens besteht, für den es aber genügend Indizien in den gegenwärtigen westlichen Gesellschaften gibt. Vgl. dazu Alexander (1993).
Zu empirischen Ergebnissen über die Legitimation sozialer Ungleichheit vgl. Mayer/Müller (1976) und Haller (1996).
In diesen Zusammenhang gehören die Bestrebungen, Ungleichheiten über Leistungszertifikate („Kredentialismus“) zu rechtfertigen. Vgl. u.a. Colllins (1987).
Vorausgesetzt ist weiters, daB sie keinen traditionalistisch-selbstverständlichen Status haben.
Vgl. Becker-Schmidt u.a. (1984; 1983 )
Darauf gehe ich im nächsten Kapitel näher ein.
Die Rolle des Staates ist aus dieser Perspektive nicht festgelegt. Andere Positionen wie z.B. Pateman (1988) gehen davon aus, daB hinter der vorgeblich geschlechtsneutralen Herrschaft grundlegende patriarchale Herrschaftsstrukturen verankert sind.
In der Forschungspraxis sind die Folgen einer einseitigen theoretischen Ausrichtung oft nicht gravierend, da die Ergebnisse auch unabhängig von der Theorie relevant sind. Das Problem besteht eher darin, daß sie Aspekte, die von ihren theoretischen Annahmen abweichen, von vornherein nicht berücksichtigen können. Vgl. Kapitel 1.
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Cyba, E. (2000). Der Bezugsrahmen zur Erklärung geschlechtsspezifischer Ungleichheit. In: Geschlecht und soziale Ungleichheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97471-6_3
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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