Skip to main content

Ritual total

Über Ritualisierung in der Psychoanalyse

  • Chapter
Rituale und Ritualisierungen

Part of the book series: Grenzüberschreitungen ((GRENZ,volume 1))

  • 355 Accesses

Zusammenfassung

Vom Ritual kann die Psychoanalytikerin schon einiges erzählen, schließlich pflegt sie ausführlichen Umgang damit. Man sucht sie auf, weil man sich in Ritualisierungen verstrickt hat und deren Ausweglosigkeit verspürt; die Psychoanalytikerin verpflichtet auf bestimmte Regeln der Kur: auf die Grundregel der möglichst freien Assoziation, aber auch auf die strikte Wahrnehmung der wöchentlichen Stundenzahl und Termine. Die Regeln sollen dazu verhelfen, die Sackgassen des privaten Zeremoniells zu öffnen und in das Gesetz des Allgemeinen einüben. Und wenn sich derartige Exerzitien zunächst auch nebensächlich und banal ausnehmen mögen, so ist daran zu erinnern, daß für das Unbewußte ja gerade das Banale und scheinbar Nebensächliche von besonderem Interesse ist. Nehmen wir der Anschaulichkeit halber ein Beispiel: Montagmorgen kurz nach acht Uhr, das Telefon läutet. Noch dem Wochenende nachhängend und nicht ganz sende- und empfangsbereit, ahnt die Angerufene, daß ein so früher Appell nichts Gutes verspricht. Eine Analysantin ist am Apparat und will den für den Nachmittag festgelegten Psychoanalysetermin verschieben. Startposition beziehen und die noch im Home-Dress steckende Psychoanalytikerin aktivieren, ist das Eine, das Andere, sich daran erinnern und mitteilen, daß ein Psychoanalysetermin nicht zu verschieben ist und in jedem Fall (d.h. monetär) realisiert werden muß, sofern er nicht 24 Stunden vorher aufgekündigt worden ist. Daß solche Mahnung Kampf nach sich zieht, steht zu erwarten und gehört zu den Spielregeln quasi dazu. Die Selbstbehauptungsansprüche werden schließlich auf eine harte Probe gestellt. Die Analysantin jedenfalls ruft am Mittag desselben Tages noch einmal an und erklärt gottergeben, doch lieber zum vereinbarten Zeitpunkt kommen zu wollen. Die Kampfansage gegen das unmenschliche Gesetz und Reglement der Psychoanalyse, das noch nicht einmal erlaube, daß man krank sei, wird sie dann in der Sitzung erteilen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  • Balint, M.: Über das psychoanalytische Ausbildungssystem. In: Ders.: Die Urformen der Liebe und die Technik der Psychoanalyse, Stuttgart 1981.

    Google Scholar 

  • Cremerius, J.: Die Zukunft der Psychoanalyse. In: Cremerius, J. (Hg.): Die Zukunft der Psychoanalyse, Frankfurt am Main 1995, 9–55.

    Google Scholar 

  • Dahmer, H.: Schicksale der »psychoanalytischen Bewegung«. In: Cremerius J. (Hg.): Die Zukunft der Psychoanalyse, Frankfurt am Main 1995, 56–72.

    Google Scholar 

  • Fader, D.: Psychoanalyse im Fokus von Handeln und Sprache. Vorschläge für eine handlungstheoretische Revision und Weiterentwicklung von Theoriemodellen Freuds, Frankfurt am Main 1995.

    Google Scholar 

  • Ferenczi, S.: Relaxationsprinzip und Neokatharsis. In: Ders.: Bausteine zur Psychoanaylse, Bd. III, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1964, 468–489.

    Google Scholar 

  • Freud, S.: Über den Gegensinn der Urworte. In: Ders.: Studienausgabe Bd.4, Frankfurt am Main 1970.

    Google Scholar 

  • Freud, S.: Zwangshandlung und Religionsausübung. In: Ders.: Studienausgabe Bd.7, Frankfurt am Main 1973a.

    Google Scholar 

  • Freud, S.: Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose. In: Ders.: Studienausgabe Bd.7, Frankfurt am Main 1973b.

    Google Scholar 

  • Greenson, R.: Technik und Praxis der Psychoanalyse, Stuttgart 1975.

    Google Scholar 

  • Kernberg, O.: Changes in the nature of psychoanalytic training, structure of the training and standards of the training. In: Wallerstein, R.S. (Hg.): Changes in Analysts and in the Training, International Psychoanalytic Association Monograph series 4, 56–62.

    Google Scholar 

  • Lacan, J.: Das Drängen des Buchstabens im Unbewußten oder die Vernunft seit Freud. In: Ders.: Schriften II, Olten 1975.

    Google Scholar 

  • Lacan, J.: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychyoanalyse. In: Ders.: Schriften I, Weinheim/Berlin 1986.

    Google Scholar 

  • Lacan, J.: Vortrag vom 16.6.75 im Rahmen des internationalen Joyce Symposiums, in: Joyce avec Lacan, sous la direction de J. Aubert, Paris 1987.

    Google Scholar 

  • Lévi-Strauss, C.: Die Wirksamkeit der Symbole. In: Ders.: Strukturale Anthropologie, Frankfurt am Main 1969.

    Google Scholar 

  • Pohlen, M./Bautz-Holzherr, M.: Psychoanalyse - das Ende einer Deutungsmacht, Hamburg 1995.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1998 Leske + Budrich, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Seifert, E. (1998). Ritual total. In: Schäfer, A., Wimmer, M. (eds) Rituale und Ritualisierungen. Grenzüberschreitungen, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97423-5_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97423-5_6

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-2171-7

  • Online ISBN: 978-3-322-97423-5

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics