Zusammenfassung
Geschichtsbewußtsein und Zukunftsperspektiven sind zwei Seiten einer Medaille, da die historische Erfahrung eine Grundlage für tragfähige Zukunftskonzepte bildet. Die weitgehende europapolitische Abstinenz der europäischen Öffentlichkeit und der Aufschwung der Europakritik selbst sind zu Krisenursachen geworden, die sich zu einer Gefährdung der europäischen Konstruktion auswachsen können. Diese „Europalosigkeit“ auf ein Informationsdefizit zurückzuführen, wie Rudolf Strohmeier, Kabinettsmitglied eines EU-Kommissars, in einem umfangreichen Kompendium „Die Europäische Union“ vorschlägt, greift zu kurz: Desinteresse, massive Ablehnung und Skepsis gegenüber der europäischen Integration hätten „häufig eine simple Ursache. Die Unkenntnis von Fakten“328. Mit solchen monokausalen Erklärungsversuchen läßt sich trefflich das Erscheinen seines Kompendiums über die EU begründen, aber es ist fraglich, ob die Offensive der Europakritiker pariert werden kann, indem die Publikationsflut der offiziellen EU-Informationsbüros noch um hagiographische EU-Monographien aus der Feder hochdotierter EU-Autoren — nach dem Motto: Viel hilft viel — vergrößert wird. Wäre es nicht sinnvoller, kontroverse Streitgespräche zu organisieren? Wenn Konsens der Vorzug vor Geradheit, Direktheit und Kontroversen eingeräumt wird, dann ist diese Prioritätensetzung weder harmlos noch risikolos.
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Literatur
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© 1997 Leske + Budrich, Opladen
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Kowalsky, W. (1997). Erkundung der Europalosigkeit. In: Projekt Europa. Grundlagen für Europa, vol 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97386-3_5
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